Die Grafik zeigt ein Männlichsymbol, ein Weiblichsymbol und eins mit einer Hälfte von jeweils einem.©

Spra­che ist ein Spie­gel­bild

von viel.-Re­dak­ti­on

Das Ge­gen­teil von gut ist mit­ge­meint. Ein Bei­trag vom Gleich­stel­lungs­bü­ro der Fach­hoch­schu­le Kiel.

Spra­che ist ein Werk­zeug: Wir alle kom­mu­ni­zie­ren jeden Tag.

Spra­che ist Han­deln: Der Aus­spruch „Hier­mit er­klä­re ich Sie zu Mann und Frau“ hat eine un­mit­tel­ba­re Aus­wir­kung auf zwei Per­so­nen und ihr nahes Um­feld, nicht nur emo­tio­nal, son­dern auch ge­setz­lich.

Spra­che be­schreibt Wirk­lich­keit: „Drau­ßen reg­net es mal wie­der.“ Wir leben in Kiel.

Spra­che tut gut: „Ich hab dich gern.“

Und Spra­che schlie­ßt aus: Wenn im All­tag nur in der männ­li­chen Form ge­spro­chen wird und Frau­en zwar „mit­ge­meint“, aber nicht an­ge­spro­chen wer­den.

Spra­che ist also ganz viel und kann ganz viel, und sie ist ein emo­tio­na­les Thema. Fast jede/r hat eine Mei­nung dazu. Bei der gen­der­ge­rech­ten Spra­che wird dies be­son­ders deut­lich. Die Dis­kus­si­on wird in der Ge­sell­schaft kon­tro­vers ge­führt. Und auch an der Fach­hoch­schu­le be­wegt das Thema gen­der­ge­rech­te Spra­che die Ge­mü­ter.

Wir aus dem Gleich­stel­lungs­bü­ro ver­wei­sen  schon seit Län­ge­rem auf ver­schie­de­ne Sprach­leit­fä­den an­de­rer Hoch­schu­len zum Thema gen­der­ge­rech­te Spra­che und ar­bei­ten an einer ei­ge­nen Emp­feh­lung.

Eine ein­bin­den­de und gen­der­ge­rech­te Spra­che ist wich­tig. Stu­di­en von Sprach­wis­sen­schaft­le­rin­nen und Sprach­wis­sen­schaft­lern haben viel­fach be­legt, dass eine Spra­che, die nur die männ­li­che Form  ver­wen­det, nicht nur für Frau­en, son­dern auch für Män­ner we­ni­ger an­spre­chend ist.

Und auch  das Ar­gu­ment „Frau­en sind mit­ge­meint“ ist wi­der­legt. In­ter­views im Rah­men von Stu­di­en haben ge­zeigt, dass bei der Ver­wen­dung der männ­li­chen Form Frau­en zwar mit­ge­meint sein mögen, aber des­we­gen kei­nes­wegs mit­ge­dacht wer­den. Mit­ge­meint ist eben nicht gut genug. Und mehr noch: Mit­ge­meint ist schlicht­weg falsch. Eine Pro­fes­so­rin ist kein Pro­fes­sor.

Spra­che ist wirk­mäch­ti­ger, als manch eine/r den­ken mag. Und al­lein, dass wir heute dar­über in der Ge­sell­schaft strei­ten kön­nen, ist ein Fort­schritt.

Mar­lies Krä­mer kann ein Lied davon sin­gen, denn sie strei­tet die­ser Tage in der ers­ten Reihe. Sie hatte vor dem BGH ge­klagt und von der Spar­kas­se ge­for­dert als „Kun­din“ und „Spare­rin“, an­ge­spro­chen zu wer­den. Ihre Klage wurde ab­ge­wie­sen. Eine An­spra­che als Frau stün­de ihr nicht zu. Wird ihr damit ein Teil ihrer Iden­ti­tät ge­nom­men? Mar­lies Krä­mer würde sagen „ja.“

Wir trau­en ihr zu, dass sie ihr Recht auf eine an­ge­mes­se­ne An­spra­che vor dem EuGH ver­tei­di­gen wird, sie hat schon ganz an­de­res durch­ge­setzt. Sie setz­te sich dafür ein, dass Wet­ter-Hochs und -Tiefs ab­wech­selnd männ­lich und weib­lich kon­no­tier­te Namen er­hal­ten. Au­ßer­dem gibt es dank ihr auch Per­so­nal­aus­weis­in­ha­be­rin­nen.

Die Ver­än­de­rung von Spra­che hilft bei der Ver­än­de­rung der Rea­li­tät, und Sicht­bar­keit ist es­sen­ti­ell.

Daran, dass an der FH nicht mehr nur „Stu­den­ten“, son­dern Stu­die­ren­de ler­nen, haben sich fast alle FH-An­ge­hö­ri­gen wun­der­bar ge­wöhnt. Es gibt also kei­nen Grund, Angst vor der Trans­for­ma­ti­on von Spra­che zu haben. Im­mer­hin hat sich Spra­che schon immer ent­wi­ckelt, und sie wird es wei­ter­hin tun, denn Spra­che ist ein Spie­gel­bild ihrer Zeit. Und ins­be­son­de­re die Ge­schlech­ter­bil­der haben sich in der letz­ten Zeit – las­sen Sie uns an­ge­sichts des 100-jäh­ri­gen Be­stehens des Frau­en­wahl­rechts das letz­te Jahr­hun­dert neh­men – deut­lich ge­wan­delt. Es ist höchs­te Zeit, dass die Spra­che mit­kommt.

Der Sprach­wis­sen­schaft­ler Ana­tol Ste­fa­no­witsch lie­fert dafür einen eben­so ein­fa­chen wie un­schlag­ba­ren Grund. Ein we­sent­li­cher phi­lo­so­phi­scher Grund­satz für das mensch­li­che Zu­sam­men­le­ben lau­tet:  „Be­hand­le an­de­re so, wie du von ihnen be­han­delt wer­den willst. Über­tra­gen auf die Spra­che macht Ste­fa­no­witsch dar­aus: Stel­le an­de­re sprach­lich stets so dar, wie du wol­len wür­dest, dass man dich an ihrer Stel­le dar­stellt. Gleich­be­rech­tigt und gleich­wür­dig eben.“

Bleibt noch zu sagen: Viele Wege füh­ren ans Ziel, und es ist wich­tig, dass wir im Dia­log blei­ben und uns wei­ter­hin für eine gen­der­ge­rech­te und di­ver­si­täts­be­wuss­te Spra­che ein­set­zen. An der Fach­hoch­schu­le und in der Ge­sell­schaft an sich.

© Fach­hoch­schu­le Kiel