Aufgeklapptes Laptop© Pixa­bay

Start­schuss für Ver­net­zung von Bil­dungs­ex­pert*innen

von Frau­ke Schä­fer

Ges­tern (23. März 2023) fand die Grün­dungs­kon­fe­renz des Vir­tu­el­len Kom­pe­tenz­zen­trums „Schrei­ben leh­ren und ler­nen mit Künst­li­cher In­tel­li­genz – Tools und Tech­ni­ken für Bil­dung und Wis­sen­schaft“ (kurz VK:KIWA) an der FH Kiel statt. Für die On­line-Ver­an­stal­tung hat­ten sich über 250 Ex­pert*innen aus den Be­rei­chen der Schreib­di­dak­tik, Bil­dungs­for­schung und di­ver­ser Fach­dis­zi­pli­nen aus Deutsch­land, der Schweiz, Ös­ter­reich und den Nie­der­lan­den an­ge­mel­det. Ziel der Ta­gung war die Bil­dung so­ge­nann­ter Think Tanks, um neue Netz­wer­ke für den Um­gang mit der dy­na­mi­schen Ent­wick­lung ge­ne­ra­ti­ver KI-Sys­te­me wie z.B. ChatGPT und ihren gra­vie­ren­den Aus­wir­kun­gen auf das Bil­dungs­sys­tem zu bil­den.

Die ra­san­te Ent­wick­lung im Be­reich der KI-ge­stütz­ten Schreib­werk­zeu­ge habe selbst sie über­rascht, räum­te Prof. Dr. Doris We­ßels zum Auf­takt der gest­ri­gen VK:KIWA-Grün­dungs­kon­fe­renz ein. Bei des­sen Grün­dung An­fang Sep­tem­ber 2022 hat­ten sich In­itia­tor*innen um die Wirt­schafts­in­for­ma­ti­ke­rin von der Fach­hoch­schu­le Kiel zum Ziel ge­setzt, ein Be­wusst­sein für die neue Schlüs­sel­tech­no­lo­gie so­wohl bei Leh­ren­den als auch Ler­nen­den zu schär­fen und einen Dis­kurs über den Um­gang mit KI-Sprach­mo­del­len an­zu­sto­ßen. Da­mals be­fass­ten sich nur aus­ge­wie­se­ne Ex­pert*innen mit den Ver­än­de­run­gen, die KI in Bil­dung und Wis­sen­schaft vor­an­trei­ben könn­te.

Um Auf­merk­sam­keit für das Thema müs­sen sich die Mit­glie­der des Vir­tu­el­len Kom­pe­tenz­zen­trums seit Ende No­vem­ber nicht mehr be­mü­hen: Seit der Ver­öf­fent­li­chung von ChatGPT am 30. No­vem­ber 2022 ver­geht kaum ein Tag ohne me­dia­le Be­richt­erstat­tung über den Chat­bot, die Mög­lich­kei­ten, die er bie­tet und die Ver­än­de­run­gen, die er für das Bil­dungs­sys­tem mit sich bringt. Und so ging es bei der Kon­fe­renz vor allem darum, den Wis­sens­trans­fer zu un­ter­stüt­zen und neue Ideen sowie Ge­stal­tungs­an­sät­ze für die er­for­der­li­che An­pas­sung bis hin zu einer Neu­aus­rich­tung von Schu­le und Hoch­schu­le zu dis­ku­tie­ren.

Schles­wig-Hol­steins Di­gi­ta­li­sie­rungs­mi­nis­ter Dirk Schröd­ter be­ton­te in sei­nem Gruß­wort die Not­wen­dig­keit einer sol­chen Dis­kus­si­on: „Die Grün­dungs­kon­fe­renz ist der Auf­takt zu einer hof­fent­lich lan­gen Reihe von Dis­kus­si­ons- und Be­geg­nungs­for­ma­ten rund um das Thema KI und Schrei­ben. Denn was wir jetzt vor allem brau­chen, ist ein un­auf­ge­reg­ter wis­sen­schaft­li­cher Blick auf die Tech­no­lo­gie selbst und auf ihre Aus­wir­kun­gen auf die ver­schie­de­nen Be­rei­che un­se­rer Ge­sell­schaft. Unser Ziel ist es, dass die Chan­cen die­ser Tech­no­lo­gi­en best­mög­lich zum Vor­teil für die Be­rei­che Leh­ren und Ler­nen ge­nutzt wer­den. Ich danke Pro­fes­so­rin Doris We­ßels und ihren Mit­strei­te­rin­nen und Mit­strei­tern für ihre zu­kunfts­wei­sen­de Ar­beit.“

Prof. Dr. Ka­tha­ri­na Zweig von der TU Kai­sers­lau­tern hielt die Key­note mit dem Titel "Texte von und für Men­schen - warum KI (heute) keine Noten geben kann". Die (Haupt)-These der In­for­ma­ti­ke­rin: KI-Sys­te­me kön­nen Es­says oder ähn­li­che Schul- und Stu­di­en­leis­tun­gen (noch) nicht be­wer­ten, weil sie nicht den Ge­samt­pro­zess durch­füh­ren und ins­be­son­de­re den Text nicht wirk­lich ver­ste­hen. „Trotz der ra­san­ten Ent­wick­lung von ge­ne­ra­ti­ven Text­sys­te­men“, so Zweig „be­nö­ti­gen wir immer noch Leh­re­rin­nen und Leh­rer, um Texte zu be­wer­ten. ChatGPT schreibt zwar eine Be­wer­tung, kann aber nicht wirk­lich be­ur­tei­len, ob ein Text ko­hä­rent ist oder eine ein­heit­li­che Ar­gu­ment­struk­tur auf­weist.“

Im Rah­men der Kon­fe­renz dis­ku­tier­ten die Ex­pert*innen in 14 Think Tanks die Aus­wir­kun­gen der Künst­li­chen In­tel­li­genz auf die schu­li­sche und aka­de­mi­sche Lehre: Wie könn­ten dia­log­ba­sier­te Tools dabei hel­fen, die Ar­gu­men­ta­ti­ons­fä­hig­keit von Stu­die­ren­den zu trai­nie­ren? Wel­che (sinn­vol­len) An­wen­dungs­mög­lich­kei­ten er­öff­nen KI-Tools im wis­sen­schaft­li­chen Schreib­pro­zess? Wel­chen Ein­fluss haben Chat­bots und KI-Werk­zeu­ge auf die Prü­fungs­pra­xis? Die Frage, ob KI so­zia­le Un­gleich­heit re­pro­du­ziert war eben­so Ge­gen­stand der Dis­kus­sio­nen wie die, ob KI den Men­schen un­selb­stän­dig wer­den lässt.

„Spür­bar war in allen Dis­kus­sio­nen die große Ver­un­si­che­rung, die durch diese di­gi­ta­le In­no­va­ti­on her­vor­ge­ru­fen wurde. Gleich­zei­tig waren die Dis­kus­si­ons­bei­trä­ge ge­prägt von gro­ßer Lei­den­schaft und der Hoff­nung, dass diese ra­sant vor­an­schrei­ten­de Tech­no­lo­gie trotz aller Her­aus­for­de­run­gen und Ri­si­ken auch viele Po­ten­zia­le für eine Neu­ge­stal­tung birgt. Um diese Po­ten­zia­le zu nut­zen, wur­den die re­le­van­ten As­pek­te wie Mut, Schnel­lig­keit in der Um­set­zung, An­pas­sung oder auch Neu­in­ter­pre­ta­ti­on der Rolle der Leh­ren­den und der Bil­dungs­zie­le in­ten­siv dis­ku­tiert. Am Ende war klar, dass diese Kon­fe­renz erst der Auf­takt war. Ei­ni­ge Grup­pen hat­ten sich wäh­rend ihrer Ses­si­on be­reits zu Fol­ge­mee­tings ver­ab­re­det“, so das Re­sü­mee von Prof. Doris We­ßels.

 

 

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