Kinder© Unicef

#Turn­The­Wor­ld­Blue – Farbe be­ken­nen für Kin­der­rech­te

von Prof. Dr. Sa­scha Mi­ko­la­jc­zyk

Der heu­ti­ge 20. No­vem­ber ist der In­ter­na­tio­na­le Tag der Kin­der­rech­te. Das Datum des Ak­ti­ons­ta­ges geht auf den 20. No­vem­ber 1989 zu­rück, als die Ge­ne­ral­ver­samm­lung der Ver­ein­ten Na­tio­nen (VN) ihre Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on ver­ab­schie­de­te. Über­all auf der Welt wer­den heute Ge­bäu­de und Wahr­zei­chen in Blau er­strah­len; Schu­len sind mit ihren Schü­le­rin­nen und Schü­lern vom Kin­der­hilfs­werk der Ver­ein­ten Na­tio­nen UNICEF dazu auf­ge­ru­fen, rund um die­sen Tag Farbe für die Kin­der­rech­te zu be­ken­nen. Dabei steht die Farbe Blau für die Ver­ein­ten Na­tio­nen und die uni­ver­sell gül­ti­gen Kin­der­rech­te, die in der Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on fest­ge­legt sind.

Ei­gent­lich geht es bei die­sem Ak­ti­ons­tag um etwas Selbst­ver­ständ­li­ches, näm­lich um Rech­te, die dem be­son­de­ren Schutz- und Für­sor­ge­be­dürf­nis von Kin­dern und Ju­gend­li­chen welt­weit Rech­nung tra­gen sol­len, damit Kin­der sich ge­sund ent­wi­ckeln und voll ent­fal­ten kön­nen. Lei­der fin­den die Kin­der­rech­te aber viel zu oft keine oder nur in zu ge­rin­gem Maße Be­ach­tung. Das wiegt umso schwe­rer, weil glo­ba­le Her­aus­for­de­run­gen wie der Kli­ma­wan­del, Armut, Hun­ger oder ge­walt­sa­me Kon­flik­te Kin­der und Ju­gend­li­che be­son­ders stark tref­fen und ihre Mög­lich­kei­ten, ge­sund und in Si­cher­heit auf­zu­wach­sen und ihr Po­ten­zi­al voll ent­fal­ten zu kön­nen be­ein­träch­ti­gen. Die COVID-19-Pan­de­mie hat Un­gleich­hei­ten für Kin­der und Ju­gend­li­che noch wei­ter ver­schärft – auch bei uns in Deutsch­land.

Die Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on be­tont in schrift­lich nie­der­ge­leg­ter Form die ganz ei­ge­nen Be­dürf­nis­se und In­ter­es­sen von Kin­dern und Ju­gend­li­chen wie zum Bei­spiel die Rech­te auf Bil­dung und auf Ge­sund­heits­vor­sor­ge, den Schutz vor Ge­walt­an­wen­dung, Miss­hand­lung, Ver­wahr­lo­sung sowie das Recht auf Frei­zeit. Die Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on ist eine völ­ker­recht­li­che Über­ein­kunft, die welt­weit für alle ak­tu­ell 193 Mit­glieds­staa­ten der Ver­ein­ten Na­tio­nen gilt – mit Aus­nah­me der USA. Diese haben die Kin­der­schutz­kon­ven­ti­on noch nicht ra­ti­fi­ziert, deren Re­ge­lun­gen bin­den die USA also bis­lang nicht. Die Grün­de für den Son­der­weg der USA sind viel­fäl­tig, als ein Haupt­as­pekt wird immer wie­der die wei­ter­hin ge­wünsch­te Re­kru­tie­rung von Min­der­jäh­ri­gen für die US-Armee ge­se­hen, die gegen die Kon­ven­ti­on ver­stö­ßt.

Deutsch­land ist der VN-Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on be­reits 1992 bei­ge­tre­ten. Zu­nächst je­doch mit Ein­schrän­kun­gen. Be­son­ders gra­vie­rend war der so­ge­nann­te „Aus­län­der­vor­be­halt“, der zur Folge hatte, dass Deutsch­land aus­län­di­sche Kin­der und Ju­gend­li­che von sei­nen aus der VN-Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on re­sul­tie­ren­den Ver­pflich­tun­gen aus­schloss. Seit dem Jahr 2010 gilt die VN-Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on hier aber un­ein­ge­schränkt. Die Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on steht im Rang eines ein­fa­chen Bun­des­ge­set­zes, hat also un­mit­tel­ba­re Bin­dungs­wir­kung auch in Deutsch­land. Dabei gel­ten in Deutsch­land alle Men­schen bis 18 Jahre als Kind (ter­mi­no­lo­gisch zum Teil auch dif­fe­ren­zie­rend in Kind [bis ein­schlie­ß­lich 13 Jahre] und dann Ju­gend­li­che/r [bis ein­schlie­ß­lich 17 Jahre]). Mit der von vie­len Sei­ten seit Jahr­zehn­ten ge­for­der­ten Ver­an­ke­rung von Kin­der­rech­ten in der bun­des­deut­schen Ver­fas­sung (dem Grund­ge­setz) über die in Art. 6 GG be­reits be­stehen­den Re­ge­lun­gen hin­aus, tut sich der Ge­setz­ge­ber aber wei­ter­hin schwer. Trotz Ver­ein­ba­rung im Ko­ali­ti­ons­ver­trag ist es der nun­mehr schei­den­den Bun­des­re­gie­rung nicht ge­lun­gen, den für eine Ver­fas­sungs­än­de­rung not­wen­di­gen Kon­sens von zwei Drit­teln der Stim­men in Bun­des­tag und Bun­des­rat her­bei­zu­füh­ren. Im Zuge der ge­nann­ten Än­de­rungs­be­mü­hun­gen ist es aber je­den­falls ein­fach-ge­setz­lich ge­lun­gen, mit dem Kin­der- und Ju­gend­stär­kungs­ge­setz (KJSG), das im Juni 2021 in Kraft ge­tre­ten ist, Ver­än­de­run­gen und hof­fent­lich auch tat­säch­li­che Ver­bes­se­run­gen in Be­rei­chen wie In­klu­si­on, Kin­der­schutz, sta­tio­nä­re Un­ter­brin­gung, Vor-Ort-Prä­ven­ti­on, Zu­sam­men­ar­beit und Hil­fe­plan­ver­fah­ren zu be­schlie­ßen.

Un­ge­ach­tet der zu Recht ge­führ­ten Dis­kus­si­on um bes­se­re recht­li­che Rah­men­be­din­gun­gen für Kin­der und Ju­gend­li­che in Deutsch­land (und welt­weit), bleibt ein Haupt­pro­blem aber die fak­ti­sche Um­set­zung der be­reits be­stehen­den Re­ge­lun­gen. So­lan­ge die im Be­reich des Schut­zes und der För­de­rung von Kin­dern und Ju­gend­li­chen han­deln­den Ak­teu­re, seien es die Ju­gend­äm­ter, die All­ge­mei­nen So­zia­len Diens­te, Kitas und Schu­len, die Ge­rich­te und Staats­an­walt­schaf­ten, sons­ti­ge Be­hör­den und so wei­ter per­so­nell und fi­nan­zi­ell nicht hin­rei­chend aus­ge­stat­tet sind, wer­den die Voll­zugs­de­fi­zi­te wei­ter­hin das grö­ße­re Pro­blem dar­stel­len. Der In­ter­na­tio­na­le Tag der Kin­der­rech­te mag somit auch daran er­in­nern, dass jedes Ge­setz nur so viel wert ist, wie Mühe und Geld in seine Um­set­zung in­ves­tiert wer­den.

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