Prof. Dr. Harald Jacobsen© Kuhn

„Wie wird man ei­gent­lich Pro­fes­sor*in?“: Prof. Dr. Ha­rald Ja­cob­sen

von Lena Kuhn

Herr Pro­fes­sor Ja­cob­sen, Sie haben zu­nächst den Re­al­schul­ab­schluss ge­macht und dann eine Aus­bil­dung zum Kom­mu­ni­ka­ti­ons­elek­tro­ni­ker. Erst in die Pra­xis gehen, und da­nach doch noch mal die Schul­bank drü­cken?

Zu mei­ner Zeit waren die Schul­emp­feh­lun­gen bin­dend. Aus den zwan­zig Leu­ten in mei­ner Klas­se be­ka­men da­mals zwei die Emp­feh­lung für das Gym­na­si­um, die an­de­ren eben nicht. Ich ge­hör­te zu den an­de­ren. Also bin ich auf die Re­al­schu­le ge­gan­gen. Als dann mit 15 oder 16 Jah­ren die Frage auf­tauch­te, Aus­bil­dung oder Fach­gym­na­si­um, da war die Aus­bil­dung für mich na­he­lie­gend. Und dann war es re­la­tiv ein­fach. Auf mei­nem Zeug­nis in der neun­ten Klas­se gibt es zwei Sei­ten, die linke Seite mit den sprach­li­chen Fä­chern, und rechts Ma­the­ma­tik und Na­tur­wis­sen­schaf­ten. Es soll ja Men­schen geben, die kön­nen bei­des gleich gut – oder schlecht, aber ich ge­hö­re nicht zu die­sen Men­schen. Für mich war klar: Etwas Tech­ni­sches muss es sein.

Nach Ihrer ers­ten Aus­bil­dung mach­ten Sie eine wei­te­re, dann zum In­dus­trie­elek­tro­ni­ker – dafür zogen Sie weg aus dem hohen Nor­den nach Göt­tin­gen.

Ja, das ist in der Tat ein biss­chen un­ge­wöhn­lich. Nach mei­ner ers­ten Aus­bil­dung ging ich noch mal drei Jahre auf die Schu­le. Damit hatte ich mein all­ge­mei­nes Ab­itur. Da­nach woll­te ich gerne stu­die­ren. Phy­sik­in­ge­nieur woll­te ich wer­den, und das habe ich auch ge­macht. Zu der Zeit gab es dafür deutsch­land­weit nur fünf Stand­or­te. Einer die­ser Stand­or­te hat das Stu­di­um im Pra­xis­ver­bund an­ge­bo­ten, ein Dua­les Stu­di­um also. Das war eben Göt­tin­gen. Dual heißt, dass man neben dem Stu­di­um auch einen Ar­beit­ge­ber hat. Ich war bei der Mahr GmbH, dort wer­den Mess­ge­rä­te her­ge­stellt. Im Dua­len Stu­di­um waren alle gleich­ge­stellt. Jeder muss­te eine Aus­bil­dung ma­chen, auch ich, der schon eine hatte, eine sehr ähn­li­che sogar. Daher zwei Aus­bil­dun­gen.

Im Zuge des Dua­len Stu­di­ums haben Sie par­al­lel zur zwei­ten Aus­bil­dung Ihr Vor­di­plom an der FH Göt­tin­gen ge­macht. Was ist ein Vor­di­plom?

Wir haben es auch Grund­stu­di­um ge­nannt. Das ist so­zu­sa­gen die Summe der Leis­tung der ers­ten zwei Jahre des Stu­di­ums ge­we­sen, keine extra Prü­fung. Das war noch vor der Bo­lo­gna-Re­for­ma­ti­on.

Für das Haupt­stu­di­um wech­sel­ten Sie er­neut den Stand­ort – es zog Sie an die FH Wedel.

Genau, ich woll­te gern nach Wedel. Dort gab es näm­lich eine Ver­tie­fung, die mich in­ter­es­sier­te. In Göt­tin­gen gab es die nicht. Und ehr­li­cher­wei­se hat mir auch ein stück­weit das Was­ser ge­fehlt. Ich segle gern und das ging in Göt­tin­gen nicht. Wedel liegt an der Elbe, da ist dann schon ein biss­chen mehr Was­ser.

Es folg­te die Pro­mo­ti­on in Mi­kro­sys­tem­tech­nik am Fraun­ho­fer In­sti­tut in It­ze­hoe – passt das auch in das Was­ser-Thema?

Ja, genau. Ich habe schon meine Di­plom-Ar­beit, den Ab­schluss mei­nes Haupt­stu­di­ums, dort am Fraun­ho­fer In­sti­tut ge­schrie­ben. Und ei­gent­lich woll­te ich da­nach fer­tig sein, ar­bei­ten und Geld ver­die­nen. Ich dach­te, jetzt ist auch gut mit Aus­bil­dun­gen. Aber dann hat sich im Laufe des Jah­res die Mög­lich­keit zur Pro­mo­ti­on er­ge­ben. Ich wech­sel­te die Ab­tei­lung in­ner­halb des In­sti­tuts und konn­te dann in der Mi­kro­sys­tem­tech­nik-Grup­pe von Herrn Wag­ner pro­mo­vie­ren. Das war sehr char­mant, muss ich sagen. Da muss­te ich nicht lange drü­ber nach­den­ken. Es war ir­gend­wie bei­des: Ich konn­te mich selbst wei­ter qua­li­fi­zie­ren, und habe Geld ver­dient. Ich war dort vier Jahre lang als Dok­to­rand. Be­ruf­lich war das meine beste Zeit. Ich habe mich mit Mi­kro­sys­tem­tech­nik und an­or­ga­ni­schen Halb­lei­tern be­schäf­tigt. Aber lei­der gibt es bei Fraun­ho­fer nur sel­ten un­be­fris­te­te Ver­trä­ge, damit immer fri­scher Wind rein­kommt.

An­schlie­ßend ar­bei­te­ten sie also bei der BASF als La­bor­lei­ter im Be­reich „Or­ga­ni­sche Elek­tro­nik“. Wie passt das zu Ihren Stu­di­en­fä­chern?

In­halt­lich passt das gut! Ich ging von der an­or­ga­ni­schen Halb­lei­te­rei zur or­ga­ni­schen Halb­lei­te­rei. Das sind dann an­de­re Ma­te­ria­li­en, Kunst­stof­fe letzt­end­lich, aber es geht um die glei­che Phy­sik in­ner­halb die­ser Ma­te­ria­li­en.

Wie kamen Sie schluss­end­lich dar­auf, in die Lehre zu gehen? Ge­ra­de hier an der Fach­hoch­schu­le Kiel?

In den vier Jah­ren in der frei­en Wirt­schaft habe ich ge­se­hen, dass ich das kann und dass man da auch durch­aus gutes Geld ver­die­nen kann. Ir­gend­wann habe ich Stel­len­an­zei­gen ge­le­sen. Ein Jahr lang habe ich mir jeden Don­ners­tag die neue ZEIT ge­kauft und in dem Chan­cen­teil ge­blät­tert. Ir­gend­wann war da diese Grund­la­gen­pro­fes­sur hier in Kiel, die ziem­lich gut pass­te. Und dann war es wie immer: Be­wer­ben, Glück haben.

Nach ihrem Ruf an die FH Kiel ar­bei­ten Sie nun in der Lehre. Macht das Ihnen Spaß?

Ja! Das kann ich schon sagen. An­de­ren Men­schen etwas bei­zu­brin­gen und der Um­gang mit jun­gen Leu­ten, das sind zwei Punk­te, die ich nicht mehr mis­sen möch­te.

Es steht sogar auf Ihrem Hemd, sie en­ga­gie­ren sich bei Star­tIng! Und Coa­chIng! – Ist das auf­grund ihrer Bio­gra­fie oder auf­grund Ihrer Pas­si­on für die Lehre?

Hah, gute Frage. Ich würde fast sagen, eher zur Bio­gra­fie. Haupt­ziel von Star­tIng! ist es, junge Men­schen die Ant­wort auf fol­gen­den Fra­gen zu geben: Ist der In­ge­nieur-Beruf das Rich­ti­ge für mich? Will ich in einem Team an einem tech­ni­schen Thema ar­bei­ten? Ist das mein Ding? Und ich glau­be, das hätte ich mir da­mals auch ge­wünscht.

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