Prof. Dr. Klaus Schlüter© A. Die­köt­ter

Wie wird man ei­gent­lich Pro­fes­sor*in?: Prof. Dr. Klaus Schlü­ter

von Ma­rie­sa Char­lot­te Brahms

Herr Dr. Schlü­ter, warum haben Sie sich 1975 für ein Stu­di­um der Agrar­wis­sen­schaf­ten ent­schie­den?

Ich bin ein viel­sei­tig in­ter­es­sier­ter Mensch, aber für mich waren die Na­tur­wis­sen­schaf­ten schon immer am in­ter­es­san­tes­ten. Schon als Kind habe ich mich für die Pflan­zen­welt be­geis­tert und hatte viel Spaß an allem, das wächst. In mei­nem ei­gens ge­zim­mer­ten Ge­wächs­haus habe ich Pflan­zen kul­ti­viert und an­ge­züch­tet. Als meine To­ma­ten mit der Zeit krank wur­den, frag­te ich mich: Wo kann ich mich über Pflan­zen­krank­hei­ten in­for­mie­ren? So bin ich auf die Phy­topa­tho­lo­gie, die Wis­sen­schaft der Pflan­zen­krank­hei­ten und -schäd­lin­ge, ge­sto­ßen. Die­ses Fach­ge­biet war und ist bis heute in Deutsch­land meis­tens an den Agrar­fa­kul­tä­ten der Uni­ver­si­tä­ten an­ge­sie­delt. Nach ab­ge­schlos­se­nem Ab­itur und ge­leis­te­tem Wehr­dienst habe ich mich dann an der Chris­ti­an-Al­brechts-Uni­ver­si­tät zu Kiel für Agrar­wis­sen­schaf­ten ein­ge­schrie­ben. Um die grund­la­gen­ba­sier­ten In­hal­te des Stu­di­ums wei­ter zu ver­tie­fen habe ich, wo es eben mög­lich war, Kurse und Prak­ti­ka in der Bo­ta­nik be­legt.

Nach Ihrer Pro­mo­ti­on zog es Sie als De­zer­nats­lei­ter in die Ab­tei­lung Pflan­zen­schutz des Amtes für Land- und Was­ser­wirt­schaft It­ze­hoe.

Mein Dok­tor­va­ter woll­te mich für eine Uni­ver­si­täts­lauf­bahn be­geis­tern. Aber mich in­ter­es­sier­te vor allem der prak­ti­sche As­pekt, denn ich woll­te gerne in der Pflan­zen­schutz­be­ra­tung Er­fah­run­gen sam­meln. Da das Land Schles­wig-Hol­stein eine sol­che Po­si­ti­on ge­ra­de aus­ge­schrie­ben hatte, traf sich es sich für mich per­fekt. So bin ich dann im It­ze­ho­er Re­gio­nal­amt für Pflan­zen­schutz ge­lan­det. Das hatte sei­nen Sitz in Rel­lin­gen. Dort habe ich ein Be­ra­tungs­we­sen auf­ge­baut für Land­wir­te und Ge­mü­se­bau­be­trie­be der Krei­se Se­ge­berg, Pin­ne­berg und Stein­burg ein­schlie­ß­lich der Un­ter­el­be. Un­se­ren Part­nern haben wir ein brei­tes Spek­trum ge­bo­ten – Be­ra­tung, Schu­lung, Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen. Au­ßer­dem haben wir die La­bor­dia­gnos­tik aus­ge­baut, und auf der Basis von Feld­ver­su­chen In­for­ma­ti­ons­rund­schrei­ben ver­fasst und im Un­ter­glas-Gar­ten­bau die Bio­lo­gi­sche Schäd­lings­be­kämp­fung ein­ge­führt. Das war schon äu­ßerst in­ter­es­sant.

Wie haben Sie den Wech­sel von einer aka­de­mi­schen In­sti­tu­ti­on an ein Amt emp­fun­den? Was waren die Her­aus­for­de­run­gen?

Es war na­tür­lich eine ganz an­de­re Welt, denn ich hatte den Uni­ver­si­täts­be­trieb als viel zu stark iso­liert, fast ein wenig ab­ge­ho­ben und rea­li­täts­fern, wahr­ge­nom­men. Die Kon­fron­ta­ti­on mit der land­wirt­schaft­li­chen Pra­xis hat mich ge­reizt. Zu sehen, mit wel­chen Nöten und wel­chen Ab­hän­gig­kei­ten man als Be­ra­ter kon­fron­tiert wird und wie man dann am bes­ten auf­tritt, war für mich eine au­ßer­or­dent­lich in­ter­es­san­te Er­fah­rung. Im Üb­ri­gen auch eine sehr gute Vor­be­rei­tung auf meine Tä­tig­keit an der Fach­hoch­schu­le.

Vie­len Dank für die Über­lei­tung – was hat Sie dann doch an die Hoch­schu­le ge­führt?

Im Prin­zip war es so, dass ich wäh­rend mei­ner Zeit in Rel­lin­gen viel pu­bli­ziert, Fach­vor­trä­ge und Fort­bil­dun­gen ge­hal­ten hatte. Das hat mir viel Freu­de be­rei­tet. Schon zu Uni­zei­ten wurde mir oft ge­sagt, ich könne gut er­klä­ren. Zu­sam­men mit dem po­si­ti­ven Feed­back zu mei­nen Vor­trä­gen hat mich das dann zum Nach­den­ken ge­bracht. 1990 habe ich in der Wo­chen­zei­tung „Die Zeit“ die aus­ge­schrie­be­ne Pro­fes­sur für Phy­to­me­di­zin und Bo­ta­nik an der Fach­hoch­schu­le Kiel ent­deckt. Ich hatte mich bis dato nicht tie­fer mit Fach­hoch­schu­len be­schäf­tigt, war aber in­ter­es­siert. Das Kon­zept sagte mir zu, ge­ra­de wegen des prak­ti­schen An­sat­zes. In Win­des­ei­le kurz vor einer Ur­laubs­rei­se hatte ich mich dann be­wor­ben – und bin aus einem gro­ßen Pool an Be­wer­be­rin­nen und Be­wer­bern aus­ge­wählt wor­den.

Seit 32 Jah­ren sind Sie nun am Cam­pus. Was hat sich wäh­rend die­ser Zeit in Ihrem Fach­ge­biet ge­än­dert?

Wenn ich das Ge­biet der Phy­to­me­di­zin, also die Wis­sen­schaft um Pflan­zen­krank­hei­ten und - schäd­lin­ge, ins­ge­samt be­trach­te, dann be­daue­re ich, dass viele Uni­ver­si­täts-In­sti­tu­te den Fokus auf mo­le­ku­la­re Ver­fah­ren legen – oft­mals kommt dann die klas­si­sche Phy­to­me­di­zin zu kurz. Dass der Fort­schritt neue Mög­lich­kei­ten zu mo­le­ku­la­ren Un­ter­su­chun­gen ge­bracht hat, ist zwar ei­ner­seits po­si­tiv. An­de­rer­seits gehen Grund­la­gen, wie bei­spiels­wei­se mit­hil­fe einer Dif­fe­ren­zi­al­dia­gnos­tik pilz­li­che Er­re­ger zu iden­ti­fi­zie­ren, ver­lo­ren. Und das sind Dinge, die man im All­tag stän­dig braucht.

Und haben sich auch die Stu­die­ren­den ver­än­dert?

Na­tür­lich. In den 80ern und 90ern war es so, dass viele Stu­die­ren­de auf dem zwei­ten Bil­dungs­weg zu uns an die FH ge­kom­men sind. Häu­fig hat­ten sie einen guten Re­al­schul­ab­schluss, da­nach eine Aus­bil­dung im Be­reich der Land­wirt­schaft ab­sol­viert. Da­mals konn­ten sie als Ab­sol­vie­ren­de einer Hö­he­ren Land­bau­schu­le die FH-Zu­gangs­be­rech­ti­gung er­hal­ten. So kam es, dass die Stu­die­ren­den in der Regel ihr Stu­di­um mit Mitte Zwan­zig be­gan­nen. Durch die Zeit im Beruf, ver­füg­ten sie somit auch über viel Le­bens­er­fah­rung. Heute sind die Stu­die­ren­den im Schnitt deut­lich jün­ger, ma­chen Er­fah­run­gen nach dem Schul­be­such erst­mals hier auf dem Cam­pus. Man muss als jun­ger Stu­die­ren­der für sich selbst einen in­di­vi­du­el­len Ar­beits- und Lern­weg ent­wi­ckeln:  Wie gehe ich um mit einem Hau­fen Ar­beit, der vor mir liegt? Wie op­ti­mie­re ich mein Zeit­ma­nage­ment?

Wie be­wer­ten Sie Ihre Zeit als Pro­fes­sor an der Fach­hoch­schu­le?

Es war eine wirk­lich gute Ent­schei­dung. Eine Uni­ver­si­täts­lauf­bahn woll­te ich nicht ver­fol­gen, der Weg an die Fach­hoch­schu­le hin­ge­gen ge­fiel mir sehr. Die Un­ab­hän­gig­keit, in der Lehre ei­gen­ver­ant­wort­lich die Schwer­punk­te set­zen zu kön­nen und per­ma­nent mit jun­gen Leu­ten zu tun zu haben, ist toll. Und das hält mich selbst auch jung. Im Ge­gen­satz zu mei­nen Kol­leg*innen an der Uni bin ich hier auf­grund der klei­ne­ren Lern­grup­pen auch viel dich­ter dran. Meine Stu­die­ren­den kom­men auf mich zu, stel­len ihre Fra­gen. An der Fach­hoch­schu­le ist der Kon­takt zu der Stu­die­ren­den­schaft ein­fach viel in­ten­si­ver, das ver­misst man an einer Uni­ver­si­tät.

Im kom­men­den März be­ginnt Ihre Pen­si­on. Haben Sie be­reits Pläne?

In mei­nem Leben mache ich Sa­chen ent­we­der ganz oder gar nicht. Des­halb ist das Ka­pi­tel der Lehre für mich mit dem Be­ginn mei­ner Pen­si­on auch ab­ge­schlos­sen. Jetzt sind meine jun­gen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen an der Reihe und sol­len un­se­ren Fach­be­reich durch ihre neuen Ideen prä­gen und be­rei­chern. Für mich ste­hen viele fach­li­che The­men auf dem Plan, für wel­che ich vor­her nicht die Zeit ge­fun­den habe. Dar­über hin­aus fo­to­gra­fie­re ich gern und be­trei­be wis­sen­schaft­li­che Makro-Fo­to­gra­fie, das möch­te ich gerne aus­bau­en. Und da meine Ehe­frau noch eine Weile be­rufs­tä­tig sein wird, werde ich auch mehr Zeit für Haus und Gar­ten haben und freue mich, bald mit mei­ner Frau wie­der Stu­di­en­rei­sen in ferne Län­der zu un­ter­neh­men und mit vie­len neuen Ein­drü­cken und  guten Fotos zu­rück­zu­keh­ren.

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