Ein Mann© M. Pilch
Seit 2009 lehrt Prof. Dr. Marco Har­di­man All­ge­mei­ne BWL und Mar­ke­ting am Fach­be­reich Wirt­schaft.

Wie wird man ei­gent­lich Pro­fes­sor*in?: Prof. Dr. Marco Har­di­man

von Leon Gehde

2009 über­nahm Prof. Dr. Marco Har­di­man die Pro­fes­sur für All­ge­mei­ne BWL und Mar­ke­ting am Fach­be­reich Wirt­schaft der Fach­hoch­schu­le Kiel. Im In­ter­view er­zählt der ge­bür­ti­ge Schwa­be, warum er sich für eine Lehr­tä­tig­keit ent­schied und was die Wahl der wirt­schaft­li­chen Fach­rich­tung mit sei­ner Rot-Grün-Seh­schwä­che zu tun hat.

Was woll­ten Sie als Schü­ler wer­den?

Mir ge­fie­len die Fä­cher Bio­lo­gie und Che­mie gut. Die Sache lag auf der Hand – Ich woll­te Bio­che­mi­ker wer­den und habe in der Ober­stu­fe die ent­spre­chen­den Leis­tungs­kur­se ge­wählt. Nach dem Ab­itur 1991 und dem an­schlie­ßen­den Zi­vil­dienst habe ich ein Che­mie-Stu­di­um an der Uni­ver­si­tät Würz­burg auf­ge­nom­men.

Das passt nicht zu Ihrer heu­ti­gen Pro­fes­sur. Was ist pas­siert?

Das ist wohl rich­tig (lacht). Ich habe das Che­mie-Stu­di­um nach zwei Se­mes­tern auf­grund mei­ner Rot-Grün-Seh­schwä­che ab­ge­bro­chen. Teil des Stu­di­ums war, im Labor zu ex­pe­ri­men­tie­ren und zu ana­ly­sie­ren. Dazu wur­den zum Bei­spiel ver­schie­de­ne Stof­fe per Bun­sen­bren­ner er­hitzt, wor­auf­hin man dann die Farbe der Aus­tritts­flam­me no­tie­ren muss­te. Sol­che Dinge konn­te ich je­doch schlicht nicht er­ken­nen.

Ein Rich­tungs­wech­sel muss­te her.

Ich habe mich nach etwas um­ge­schaut, wo man keine Far­ben er­ken­nen kön­nen muss. Auch Wirt­schaft und Ma­nage­ment hat mich schon als jun­ger Mensch in­ter­es­siert. So habe ich mich im Win­ter­se­mes­ter 92/93 für ein BWL-Stu­di­um an der Uni­ver­si­tät Gie­ßen ent­schie­den.

Damit waren Sie eben­falls glück­lich?

Ja. BWL um­fasst ein brei­tes Feld wirt­schaft­li­cher The­men. Daher emp­fand ich es als sehr span­nend. Ich habe wäh­rend des Stu­di­ums eine Menge span­nen­der Aus­lands­prak­ti­ka ge­macht – in Ita­li­en bei der Luft­han­sa, in China bei Zu­lie­fe­rern von VW und in einem Ent­wick­lungs­zen­trum im eng­li­schen Co­ven­try. Spe­zia­li­siert habe ich mich dabei be­reits auf das Thema Mar­ke­ting.

Nach Ihrem Di­plom pro­mo­vier­ten Sie. Wie kam’s?

Wäh­rend mei­nes Vor­di­ploms habe ich als Wis­sen­schaft­li­che Hilfs­kraft für Prof. Dr. Franz-Ru­dolf Esch ge­ar­bei­tet. Esch ist so etwas wie der deut­sche Mar­ken­papst, da er sich hier­zu­lan­de aus­gie­big mit dem Thema Mar­ken­ma­nage­ment be­schäf­tig hat. Die Tä­tig­keit hat mein In­ter­es­se an einer wis­sen­schaft­li­chen Lauf­bahn ge­weckt. Prof. Esch hat mir schlie­ß­lich eine Pro­mo­ti­on bei ihm an­ge­bo­ten.

Was war das Thema Ihrer 2004 er­folg­ten Dis­ser­ta­ti­on?

Ich habe mich mit der Ge­stal­tung von Web­sites be­schäf­tigt. Der Kern­as­pekt dabei war, wie man einen mög­lichst gro­ßen Ef­fekt im Hin­blick auf die Mar­ken­wir­kung er­zielt – wie mul­ti­me­di­al soll­ten eine Web­sei­te ge­stal­tet sein? Wel­ches Ver­hält­nis aus Bild- und Text­an­teil ist am vor­teil­haf­tes­ten?

Pro­fes­sor wur­den Sie nach der Pro­mo­ti­on aber zu­nächst noch nicht.

Nein. Wäh­rend mei­ner Pro­mo­ti­on haben wir be­reits große Un­ter­neh­men auf Basis un­se­rer For­schungs­er­geb­nis­se be­ra­ten. Die­ser Trans­fer von For­schung in Pra­xis hat mir viel Spaß ge­macht, so­dass ich zu­nächst in die Pri­vat­wirt­schaft ging. Ich war unter an­de­rem für die Te­le­kom tätig, bei der ich sehr viel über Kon­zer­ne und Kon­zern­po­li­tik sowie auch über das prak­ti­sche, stra­te­gi­sche und ope­ra­ti­ve Mar­ke­ting ge­lernt habe.

Und dann?

… grün­de­te ich ein Start-Up – ein Ver­gleichs­por­tal für An­ge­bo­te von Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bie­tern. Es gab al­ler­dings immer noch den Wunsch nach For­schung, Trans­fer und Lehre. So habe ich mich für eine Pro­fes­sur in­ter­es­siert und ne­ben­bei ge­schaut, was es so gab. Als es mit der FH Kiel ge­klappt hat, habe ich meine An­tei­le an dem Start-Up ab­ge­ge­ben und bin nach Kiel ge­zo­gen.

Wie ge­fällt Ihnen die Tä­tig­keit?

Sehr gut. Mir ge­fällt das Prin­zip Fach­hoch­schu­le, eine klas­si­sche Uni­ver­si­tät wäre nichts für mich ge­we­sen. Aber das war mir ja vor­her schon klar. Ich schät­ze die enge Zu­sam­men­ar­beit mit den Stu­die­ren­den und den aus­gie­bi­gen Wis­sens­trans­fer mit der Pra­xis. Au­ßer­dem habe ich viele Frei­hei­ten, die Dinge vor­an­zu­brin­gen, die ich gerne vor­an­brin­gen will.

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