Ute Vanini© M. Pilch

„Wie wird man eigentlich Professor*in?“: Ute Vanini

von Lennard Worobic

Seit 2003 ist Prof. Dr. Ute Vanini Dozentin am Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Kiel. Neben ihrer Professur für Controlling und Risikomanagement hat sie einen Lehrauftrag an der FH Vorarlberg in Österreich und begleitet Master-Studiengänge an der Leuphana Universität in Lüneburg sowie an der CAU. Hinzu kommen eine Verwaltungsrat-Tätigkeit bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) als Vertreterin des Landes, eine Vorstandsfunktion beim Landesverein für Innere Mission sowie weitere Engagements in Beiräten und Verbänden. Diese Praxis-Erfahrung bringt Vanini mit in den Hörsaal, wovon Studierende profitieren. Bereits während der Promotionszeit arbeitete die Mutter von drei Kindern als Dozentin. Die Lehre, die Arbeit mit Studierenden, die eigene Forschung und die Aufgabenvielfalt – es gibt viele Dinge, welche Ute Vanini am Hochschul-Dasein begeistern. Im Interview mit Lennard Worobic aus der viel.-Redaktion sprach sie über ihren Weg zur Professur an der FH Kiel. 

Frau Vanini, vor Ihrem Studium haben Sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht. Wie kam es dazu, dass Sie sich danach für ein BWL-Studium an der CAU eingeschrieben haben? 

Ich wollte immer studieren, aber meine Eltern hatten nicht das Geld dafür. Während der Ausbildung habe ich dann doch durchgesetzt, so dass ich studieren durfte. Zwar komme ich aus keinem Akademikerhaushalt, meine Eltern fanden die Idee aber grundsätzlich gut. Da ich in der Schule sowie in der Ausbildung ziemlich gut war, haben wir den Kompromiss gefunden, dass sie mir drei Jahre lang die Miete gezahlt haben. BWL ist es aufgrund der Bankausbildung geworden. Ich habe mit VWL angefangen, habe dann aber in den ersten beiden Semestern gemerkt, dass mir die BWL-Themen mehr Spaß machen. Zunächst habe ich noch beide Vordiplome gemacht, bin dann aber im Hauptstudium zur BWL gewechselt. Ursprünglich wollte ich immer Lehrerin werden, doch damals, als ich Abi gemacht habe, hieß es: Lehrer werden später Taxifahrer. Ich war knapp bei Kasse und brauchte ein Studium, womit ich mein Leben finanzieren kann. So bin ich zur BWL gekommen – das hat sich im Nachhinein als Glücksgriff herausgestellt. 

Wann haben Sie beschlossen, in die Lehre zu gehen und Professorin zu werden? 

Der Lehrerwunsch war immer da, und im Studium habe ich als studentische Hilfskraft gearbeitet, das hat mir auch schon Spaß gemacht. Damals habe ich auch statt einer acht wöchigen Arbeit eine wissenschaftliche Diplomarbeit, die über ein halbes Jahr ging, geschrieben und deshalb um ein Semester verlängert. So kam die Wissenschaft dazu. Im Studium bin ich dann Mutter geworden und brauchte eine Teilzeitstelle, aus dem Ganzen zusammen kam die Promotion. Schließlich habe ich überlegt, dass Hochschul-Lehrerin auch eine gute Sache sein könnte, weil es eine spannende und herausfordernde Aufgabe und dazu familienkompatibel ist. In der Promotionszeit habe ich dann das zweite Kind gekriegt, war aber da noch unentschieden, ob ich an der Uni oder Fachhochschule lehren möchte. Dann ging aber mein Doktorvater weg und die Möglichkeit, an der CAU zu habilitieren wurde für mich mit zwei Kindern schwieriger. So bin ich in die Praxis gekommen, woraus sich dann letztendlich die Fachhochschul-Professur entwickelte. 

Nach ihrer Promotion waren Sie dann einige Jahre bei der Sparkasse tätig, wie sind Sie von dort zur Fachhochschule Kiel gekommen? 

Ich hatte nie geplant, zurück zur Bank zu gehen, der Sparkassengedanke an sich war mir aber sympathisch. Das, was Sparkassen erwirtschaften, geht zum Teil ins Eigenkapital und zum anderen Teil in Stiftungen, durch die das Gemeinwohl gefördert wird – damit konnte ich mich sehr gut identifizieren. Es war damals schwierig, als Promovierte eine Teilzeitstelle zu bekommen, aber – auch das war eine glückliche Fügung – mein angehender Chef hatte selbst promoviert und ließ sich darauf ein, mir eine Teilzeitstelle zu geben. Dafür war ich sehr dankbar, damals gab es diese Vereinbarkeit von Familie und Beruf gar nicht. Danach bin ich noch zum Sparkassen- und Giroverband gegangen und war dort die erste Angestellte, die Zuhause einige Stunden abarbeiten durfte. Heute ist das mit den technischen Möglichkeiten viel einfacher. Die Stelle hier an der FH Kiel ergab sich durch Zufall, gerade als mein drittes Kind geboren war. Eigentlich hatte ich gedacht, erst in zwei bis drei Jahren Fachhochschul-Professorin zu werden, dann wurde die Stelle aber ausgeschrieben und ich habe mich darauf beworben. 

Neben ihrer Stelle als Professorin engagieren Sie sich noch in vielen anderen Bereichen.  Wie kriegen Sie das alles und Ihr Familienleben unter einen Hut? 

Irgendwann kommt man dahin, dass man noch etwas über die Lehre hinaus machen will, und das sind bei mir eben der Bereich Forschung und Veröffentlichung sowie die Ehrenämter. Mein Mann hat eine eigene Firma, und meine drei Kinder sind alle erwachsen. Dadurch, dass die Kinder aus dem Haus sind, haben sich einige Freiräume ergeben. Ab einem gewissen Alter wird man auch gefragt, ob man bei bestimmten Dingen mitwirken möchte. Ich kann da immer schlecht nein sagen, weil ich vieles interessant finde. 

Sie sind Professorin für Controlling und Risikomanagement. Was begeistert Sie an Ihrem Bereich am meisten? 

Ich bin ein methodischer Mensch, der Dinge gerne ausrechnet, aber im Gegensatz zum externen Rechnungswesen ist man im Controlling eher gröber unterwegs. Es geht darum, Sachen abzuschätzen, grob zu quantifizieren, Modelle zu bauen und daraus eben auch Steuerungsimplikationen abzuleiten. Zum Schrecken meiner Student*innen kann ich mich für komplexe Modelle begeistern, das hat mir selbst im Studium sehr gelegen. Aber ich glaube, wenn man Studierende die Modelle anwenden lässt, sind sie auch verständlich. 

2018 gewannen Sie den Best Paper-Award bei der CARF-Konferenz der Hochschule Luzern. An welche Höhepunkte Ihrer wissenschaftlichen Karriere erinnern Sie sich außerdem gerne zurück? 

Als Studentin hatte ich auch schon Veröffentlichungen, meine Diplomarbeit ist in Auszügen hochranging veröffentlicht worden – das war für mich ein kleines Highlight und hat mein Leben in gewisser Weise beeinflusst. Gelegentlich schreiben mir Studierende von anderen Hochschulen und bedanken sich bei mir dafür, dass mein Risikomanagement-Buch ihnen beim Studium geholfen hat. Das ist mir schon so fünf bis sechs Mal passiert, sowas spornt einen auch an. 

Zum Abschluss: Was würden Sie Studierenden raten, die ebenfalls eine Karriere als Dozent*in anstreben? 

Generell sind die Berufsaussichten für angehende Fachhochschul-Professor*innen sehr gut. Wenn man eine Begeisterung für Wissenschaft hat, lohnt sich der Job ungemein, da Familie und Beruf miteinander vereinbar sind. Trotzdem hat man spannende Aufgaben, die einen fordern, und kann eigene Schwerpunkte setzen. Ich würde gerne mehr Leute für eine praxisorientierte wissenschaftliche Laufbahn begeistern. Drei Sachen muss man aber voraussetzen: Interessierte sollten methodisch veranlagt sein, Ausdauer besitzen – denn Forschung ist mühsam – und, was ich zunehmend feststelle, Spaß an Sprache, besonders Deutsch und Englisch, haben. Jedes Jahr habe ich ein, zwei Masterthesen, die so gut sind, dass ich gemeinsam mit den Studierenden Veröffentlichungen daraus mache. Das kann für die Studierenden der Beginn einer wissenschaftlichen Karriere sein. Wer generell Interesse hat, sollte frühzeitig mit Professor*innen Kontakt aufnehmen und sich von ihnen beraten lassen. 

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