Zwei Männer in Hemd, stehen Nahe der Schwentine und schauen in die Kamera.© L. Berndt

„Wir kön­nen im gro­ßen Hai­fisch­be­cken be­stehen“

von Laura Berndt

Es ist ein Rit­ter­schlag: die Teil­nah­me an der PCIM Eu­ro­pe 2015 (Power Con­ver­si­on and In­tel­li­gent Mo­ti­on), der grö­ß­ten und wich­tigs­ten Messe auf dem Ge­biet der Leis­tungs­elek­tro­nik. Kein Wun­der, dass sich Zeno Mül­ler (30) und Timo Mar­low (31) mo­na­te­lang mit ihrem Team auf die­sen einen Mo­ment vor­be­rei­te­ten. Mitte Mai reis­te die Grup­pe vom In­sti­tut für Me­cha­tro­nik des Fach­be­reichs In­for­ma­tik und Elek­tro­tech­nik der Fach­hoch­schu­le Kiel (FH Kiel) nach Nürn­berg, um ihre For­schungs­pro­jek­te einem in­ter­na­tio­na­len Fach­pu­bli­kum zu prä­sen­tie­ren – und das be­reits zum vier­ten Mal. Im In­ter­view er­zähl­ten die bei­den Mas­ter­stu­den­ten Laura Berndt von den Mes­se­vor­be­rei­tun­gen, ihren Er­war­tun­gen und warum sie sich neben Bran­chen­rie­sen nicht klein füh­len müs­sen.

Laura Berndt (LB): Haben Sie zum ers­ten Mal an der PCIM Eu­ro­pe teil­ge­nom­men?

Zeno Mül­ler (ZM): Ich bin seit 2012 mit dabei, also seit der ers­ten Mes­se­prä­sen­ta­ti­on der FH Kiel auf der PCIM Eu­ro­pe. Da­mals noch im Ba­che­lor, heute in den letz­ten Zügen des Mas­ters Elek­tri­sche Tech­no­lo­gi­en. Ne­ben­bei habe ich eine halbe In­ge­nieur­stel­le im For­schungs­team von Prof. Dr. Ro­nald Ei­se­le, das zur For­schungs- und Ent­wick­lungs­zen­trum Fach­hoch­schu­le Kiel GmbH ge­hört. Das Team stellt seit vier Jah­ren in Nürn­berg seine Pro­jek­te vor.

Timo Mar­low (TM): Für mich war es die erste Teil­nah­me an der Messe. Ich stu­die­re wie Zeno Elek­tri­sche Tech­no­lo­gi­en, bin aber erst vor drei Mo­na­ten als Werk­stu­dent zum Team ge­sto­ßen und hatte das Glück, di­rekt in die Aus­stel­lungs­vor­be­rei­tun­gen für un­se­ren ei­ge­nen Mes­se­stand auf dem Ge­mein­schafts­stand der ECPE (Eu­rope­an Cen­ter for Power Elec­tro­nics e.V.), eines Leis­tungs­elek­tro­nik Clus­ters, in­vol­viert zu sein.

LB: Wel­che Vor­be­rei­tun­gen muss­ten Sie im Vor­feld der Messe tref­fen?

ZM: Unser Team be­stand aus sie­ben Pro­jekt­ver­ant­wort­li­chen und  vier wis­sen­schaft­li­chen Hilfs­kräf­ten, zu denen auch Mat­thi­as Rauch, In­dus­trie­de­sign-Mas­ter­ab­sol­vent der Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le Kiel, ge­hör­te – ein Vor­teil, wenn ein Mes­se­stand ent­wor­fen wer­den soll. Im Fe­bru­ar haben wir mit den Vor­be­rei­tun­gen be­gon­nen und zu­nächst in­halt­li­che Punk­te ge­klärt: Was kön­nen wir aus­stel­len? Was dür­fen wir aus pa­tent­recht­li­chen Grün­den prä­sen­tie­ren? Was wol­len wir – rein stra­te­gisch – noch nicht vor­stel­len? Und wie soll der Mes­se­stand über­haupt aus­se­hen?

TM: In der Pla­nungs­pha­se haben wir uns meist wö­chent­lich ge­trof­fen, um die Fer­ti­gungs­un­ter­la­gen für die ein­zel­nen Mes­se­stand­ele­men­te zu er­stel­len. Im An­schluss daran haben wir un­se­re Ideen tech­nisch um­ge­setzt, also die Ele­men­te in der Werk­statt ge­fer­tigt und zu­sam­men­ge­baut. Je näher die PCIM Eu­ro­pe rück­te, desto enger und kniff­li­ger wurde es. Wäh­rend der In­ter­dis­zi­pli­nä­ren Wo­chen haben wir täg­lich – teil­wei­se zwölf Stun­den – ge­ar­bei­tet, um alles recht­zei­tig fer­tig­zu­stel­len.

LB: Mit wel­chen Er­war­tun­gen sind Sie zur PCIM Eu­ro­pe ge­fah­ren und haben sich diese be­stä­tigt?

TM: Ich habe mir er­hofft, mit un­se­ren For­schungs­pro­jek­ten an­de­re Men­schen be­geis­tern zu kön­nen. Au­ßer­dem woll­te ich mit Her­stel­le­rin­nen und Her­stel­lern ins Ge­spräch kom­men, Kon­tak­te knüp­fen und mich über die neu­es­ten Ent­wick­lun­gen, Pro­duk­te und Trends rund um die Leis­tungs­elek­tro­nik in­for­mie­ren. Diese Er­war­tun­gen haben sich auch vor Ort be­stä­tigt. Mich hat je­doch über­rascht, wie be­kannt die Fach­hoch­schu­le Kiel und ihre For­schung in der Bran­che sind. Ge­sprächs­part­ne­rin­nen und -part­ner konn­ten mit un­se­rem Namen wirk­lich etwas an­fan­gen – das hätte ich so nie er­war­tet.

ZM: Bei mir hat sich in den ver­gan­ge­nen drei Jah­ren eine ge­wis­se Rou­ti­ne ein­ge­stellt. Das Netz­wer­ken geht leich­ter von der Hand, ich weiß, was auf mich zu­kommt. Ent­täuscht wurde ich wie immer nicht. Wir haben wie­der gute Ge­sprä­che ge­führt, auch mit Mit­be­wer­be­rin­nen und -be­wer­bern. Span­nend ist jede PCIM Eu­ro­pe, aber so auf­ge­regt wie beim ers­ten Be­such 2012 bin ich nicht mehr. Da­mals haben wir auf der Hin­fahrt sogar noch Eng­lisch­vo­ka­beln ge­lernt, weil vor Ort neben Deutsch viel Eng­lisch ge­spro­chen wird. Au­ßer­dem haben mich die vie­len neuen Ein­drü­cke da­mals er­schla­gen.

TM: Das stimmt! 420 Aus­stel­ler, drei Mes­se­hal­len und knapp 9.000 Be­su­che­rin­nen und Be­su­cher, das muss­te ich auch erst ein­mal ver­dau­en.

LB: Wel­che Er­fah­run­gen oder Kom­pe­ten­zen konn­ten Sie für sich mit­neh­men?

ZM: Egal ob alter Hase oder Neu­ling, für jeden Mes­se­ein­satz gilt: die Ge­sprä­che vor Ort und die Prä­sen­ta­ti­on un­se­rer Pro­jek­te ma­chen uns si­che­rer – im Um­gang mit an­de­ren Men­schen und auf un­se­rem For­schungs­ge­biet. Au­ßer­dem kön­nen wir unser Fa­ch­en­g­lisch tes­ten und ver­bes­sern. Die ers­ten Sätze sind zwar meist etwas holp­rig, aber das gibt sich schnell. Dar­über hin­aus habe ich ge­lernt, mit Frust­si­tua­tio­nen bes­ser um­zu­ge­hen. Nicht alle Men­schen sind so über­zeugt von un­se­ren Pro­jek­ten, wie wir. Das war an­fangs schwer zu ver­ste­hen, aber wir kön­nen ja nicht alle einer Mei­nung sein.

LB: Kann die For­schungs­ar­beit der FH Kiel mit der Kon­kur­renz mit­hal­ten?

ZM: Wir sind wirk­lich gut in der Sil­ber-Sin­ter­tech­no­lo­gie, also in der Ver­bes­se­rung der Leis­tungs­elek­tro­nik und der Zu­ver­läs­sig­keit in der Auf­bau- und Ver­bin­dungs­tech­no­lo­gie. Nicht ohne Grund hat unser lang­jäh­ri­ger In­dus­trie­part­ner Dan­fo­ss Si­li­con Power die Tech­no­lo­gie, die an der FH Kiel ent­stan­den ist, in die Se­ri­en­fer­ti­gung über­nom­men. Wir kön­nen uns an vie­len Stel­len mit Un­ter­neh­men wie Bosch, Sie­mens und Co. mes­sen. Frü­he­re For­schungs­pro­jek­te haben uns gutes Equip­ment be­schert, damit kön­nen wir vie­les aus­pro­bie­ren. Mit un­se­rem Ma­schi­nen­park kön­nen wir uns mit einem klei­nen mit­tel­stän­di­schen Un­ter­neh­men ver­glei­chen. Au­ßer­dem för­dern unser Wis­sen, das Ar­beits­kli­ma und die Be­geis­te­rung für das Thema die Leis­tung un­se­res For­schungs­teams.

TM: Wir kön­nen mit un­se­rer Ar­beit im gro­ßen Hai­fisch­be­cken be­stehen, dass hat sich wie­der ge­zeigt: Auf der dies­jäh­ri­gen PCIM Eu­ro­pe haben wir ein Pro­mo­ti­ons­pro­jekt vor­ge­stellt, bei dem der klas­si­sche Auf­bau eines Leis­tungs­mo­duls durch eine or­ga­ni­sche Iso­la­ti­ons­schicht so ver­bes­sert wird, das der ther­mi­sche Wi­der­stand ver­rin­gert, die­ses bes­ser ge­kühlt wer­den kann und so leis­tungs­fä­hi­ger ist. Mi­tsu­bi­shi hat die­ses Jahr ähn­li­che Ideen auf der Messe prä­sen­tiert. Das hat uns ge­zeigt, dass wir uns auch mit sol­chen Grö­ßen durch­aus mes­sen kön­nen.

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