eine Frau steht an einer Brüstung am Wasser und blickt in die vor ihr liegende Weite© Adobe Stock/ N. Kur­zo­va

10 Dinge, die ich im Aus­lands­se­mes­ter ge­lernt habe

von Maike Schwa­ge­rick

„Ein Aus­lands­se­mes­ter bie­tet dir die Ge­le­gen­heit, den ei­ge­nen Ho­ri­zont zu er­wei­tern und per­sön­lich zu wach­sen.“ – Wir alle haben die­sen Satz schon min­des­tens ein­mal ge­hört. Doch ist das nicht ein biss­chen über­trie­ben? Ich habe für ein Se­mes­ter in Schwe­den an der Jön­köping Uni­ver­si­ty stu­diert und war selbst über­rascht. In die­sem Ar­ti­kel möch­te ich mit dir die wich­tigs­ten Dinge tei­len, die ich im Aus­land ge­lernt habe.

Zeit

ein Wecker©Adobe Stock

Wenn du manch­mal das Ge­fühl hast, die Zeit ver­geht in Kiel wie im Flug, dann fliegt sie im Aus­land noch­mal dop­pelt so schnell. Ge­ra­de hat man sich ein­ge­lebt und nette Leute ken­nen­ge­lernt, da muss man auch schon bald wie­der die Kof­fer pa­cken. Und da man lei­der ab­so­lut nichts da­ge­gen ma­chen kann, muss man ein­fach jeden Tag ge­nie­ßen. Ich habe ge­lernt, die rich­ti­gen Prio­ri­tä­ten zu set­zen, öfter „ja“ zu sagen, spon­tan etwas zu un­ter­neh­men und re­gel­mä­ßig Freun­de ein­zu­la­den. Mein Tipp: Mehr All­tags­aben­teu­er statt große Rei­sen und ein­fach mal Ge­burts­tag fei­ern, auch wenn du nicht Ge­burts­tag hast.

Kurse

eine Gruppe junger Menschen auf einer Bank©Adobe Stock/ K. Pos­tu­mi­ten­ko

Im Aus­land kannst du wahr­schein­lich nicht die genau die Kurse be­le­gen, die in dei­nem Se­mes­ter­plan in Kiel vor­ge­se­hen sind. Und das ist über­haupt nicht schlimm. Mir ist nach mei­nem Aus­lands­se­mes­ter klar­ge­wor­den, dass es im Leben nicht den rich­ti­gen und fal­schen Weg gibt. Statt­des­sen gibt es viele Wege, und alle wer­den dich wei­ter­brin­gen. Ich zum Bei­spiel habe mich für einen Kurs in „Lea­der­ship“ ein­ge­tra­gen. Und auch, wenn es hier eher we­ni­ger um Me­di­en ging, habe ich viele wert­vol­le Er­kennt­nis­se für das Be­rufs­le­ben mit­neh­men kön­nen. Mein Tipp: Ab und zu über den Tel­ler­rand schau­en, neue Dinge aus­pro­bie­ren und in den nächs­ten IDW mal einen ganz ver­rück­ten Kurs be­le­gen, der nichts mit dei­nem Stu­di­um zu tun hat.

Per­sön­lich­keit

eine Gruppe von Menschen wirft buntes Farbpulver beim Holi-Festival in die Luft©Adobe Stock

Vor mei­nem Aus­lands­se­mes­ter wuss­te ich, wer ich bin. In mei­nem Aus­lands­se­mes­ter habe ich mich daran er­in­nert, wer ich wirk­lich bin. Wir Men­schen sind ziem­lich gut darin, uns der Um­ge­bung an­zu­pas­sen. Wenn dir ein Kurs be­son­ders schwer­fällt, dann glaubst du ir­gend­wann daran, dass du nicht gut darin bist. Doch im Aus­land wer­den die Re­geln noch­mal neu ge­schrie­ben. In die­ser neuen, frem­den Um­ge­bung kannst du ganz al­lein für dich ent­schei­den, was du ma­chen möch­test und wer du sein willst. Und manch­mal ent­deckt man da­durch Sei­ten an sich wie­der, die man schon längst ver­ges­sen hatte. Ich zum Bei­spiel habe beim Sport fest­ge­stellt, dass ich ei­gent­lich ein sehr so­zia­ler Mensch bin und es liebe, Leute zu mo­ti­vie­ren. Mein Tipp: In der Notiz-App ein paar Stich­punk­te sam­meln, wie man als Kind war und was man be­son­ders gerne ge­macht hat.

Eng­lisch

Flagge des United Kingdom im Wind©Adobe Stock

Um ganz ehr­lich zu sein: Ich war nie der grö­ß­te Fan von der eng­li­schen Spra­che und hatte gro­ßen Re­spekt davor, im Aus­land auf Eng­lisch zu stu­die­ren. Doch das Ge­hirn hat tat­säch­lich viel mehr aus der Schul­zeit ge­spei­chert, als uns be­wusst ist. Wenn alle Men­schen um einen herum mit dir Eng­lisch reden, dann pro­gram­miert sich der Kopf ir­gend­wann au­to­ma­tisch neu. Und selbst ich habe mich dabei er­tappt, wie ich einer Freun­din aus Deutsch­land aus Ver­se­hen eine Whats­App auf Eng­lisch schi­cken woll­te. Dar­über hin­aus spre­chen vor allen Din­gen Do­zen­ten oft ein sehr ein­fa­ches Eng­lisch, genau wie deine El­tern wahr­schein­lich auch. Mein Tipp: Eine kos­ten­lo­se Sprach­app run­ter­la­den und deine Fremd­spra­che mal wie­der ab­stau­ben.

Of­fen­heit

zwei Frauen umarmen sich im Freien©Adobe Stock

Es ist ganz nor­mal, dass die in­ne­re Stim­me ver­sucht, einen zu be­schüt­zen und in der Kom­fort­zo­ne zu hal­ten. Daher kann ich es auch sehr gut nach­voll­zie­hen, dass viele Aus­tausch­stu­die­ren­de gerne etwas mit ihren ei­ge­nen Lands­leu­ten un­ter­neh­men. Ich woll­te je­doch meine in­ne­re Stim­me her­aus­for­dern und hatte mir vor­ge­nom­men, mich vor allen Din­gen mit Men­schen an­zu­freun­den, die nicht aus Deutsch­land kom­men. Mit die­sem Mind­set habe ich viele nette Leute aus der gan­zen Welt ken­nen­ge­lernt, in­ter­es­san­te Ge­sprä­che ge­führt und sehr le­cke­re Re­zep­te ken­nen­ge­lernt. Wenn du den Men­schen Of­fen­heit ent­ge­gen­bringst, dann be­kommst du Of­fen­heit zu­rück. Mein Tipp: Dei­nen Nach­barn zum Koch­abend ein­la­den und un­be­dingt mal Mouss­a­ka aus­pro­bie­ren.

Lö­sun­gen

zwei Hände halten je ein Puzzleteil in die Sonne©Adobe Stock

Ein Aus­lands­se­mes­ter zu pla­nen kann ganz ein­fach sein – oder auch nicht. Als ich mir in den Kopf ge­setzt hatte, für ein Se­mes­ter nach Schwe­den zu gehen, stand ich erst­mal vor einem Berg von Fra­ge­zei­chen. Was mache ich mit mei­ner Woh­nung? Was mache ich mit mei­nem Hund? Und wie soll ich das mei­ner Oma er­klä­ren? Wenn ich aber eine Sache in mei­nem Aus­lands­se­mes­ter ge­lernt habe, dann, dass jedes Pro­blem ei­gent­lich eine Chal­len­ge ist und es für alles eine pas­sen­de Lö­sung gibt. Wich­tig ist nur, dass man fest daran glaubt und sich immer auf den nächs­ten Schritt kon­zen­triert, statt auf Pro­ble­me, die viel­leicht nie­mals ein­tre­ten wer­den. Mein Tipp: Sich daran er­in­nern, wie oft man schon vor un­lös­ba­ren Pro­ble­men stand und es am Ende dann doch ge­schafft hat.

Aus­län­der*in sein

Blick auf die Beine einer Gruppe von Menschen nebeneinandern©Adobe Stock

In Schwe­den leben sehr vie­len Men­schen aus dem Aus­land. Und ich war eine von ihnen. Als Aus­tausch­stu­dent be­kommt man noch­mal einen ganz neuen Blick dafür, was es be­deu­tet, in einer frem­den Kul­tur zu leben. Denn Fakt ist: Die Ein­hei­mi­schen brau­chen dich ei­gent­lich nicht. Jeder hat sein Stu­di­um, seine Hob­bys und seine Freun­de. Umso schö­ner ist es dann, wenn Kom­mi­li­to­nen dich trotz­dem ein­la­den und sich extra dei­net­we­gen auf Eng­lisch un­ter­hal­ten. Ich habe mir diese Leute als Vor­bild ge­nom­men und bin selbst viel of­fe­ner dafür ge­wor­den, den ers­ten Schritt zu ma­chen und Men­schen ein­fach an­zu­spre­chen. Mein Tipp: Beim Buddy-Pro­gramm der FH Kiel an­mel­den und Aus­tausch­stu­den­ten zu un­ter­stüt­zen.

Dank­bar­keit

zwei Hände zum Gebet aneinander gelegt©Adobe Stock

Für ein hal­bes Jahr Deutsch­land zu ver­las­sen, um im Aus­land zu leben, ist si­cher­lich gar nicht so leicht zu or­ga­ni­sie­ren. Dank des Eras­mus-Pro­gramms hat jeder Stu­dent der FH Kiel je­doch die Mög­lich­keit, das ohne gro­ßen Auf­wand zu tes­ten. Alles, was du tun musst, ist, dir im Mo­bi­li­ty-On­line-Por­tal eine pas­sen­de Uni aus­zu­su­chen, deine Be­wer­bung ein­zu­rei­chen und spä­ter dann die rest­li­chen Do­ku­men­te hoch­zu­la­den. Bei Fra­gen und Pro­ble­men hilft dir das In­ter­na­tio­nal Of­fice wei­ter. Zu­sätz­lich dazu wirst du noch fi­nan­zi­ell un­ter­stützt, ohne Wenn und Aber. Ich bin mehr als dank­bar, dass ich diese Chan­ce be­kom­men habe. Mein Tipp: Wenn du das nächs­te Mal für etwas dank­bar bist, ein­fach eine kurze Nach­richt ver­schi­cken und es sagen.

Hei­mat

Ausblick über die Stadt Kiel©Adobe Stock/ G.​Nowack

Jeder hat seine ei­ge­nen Grün­de, um ein Aus­lands­se­mes­ter zu ma­chen. Einer davon war für mich, dass ich eine Pause von Deutsch­land ge­braucht habe. Erst in Schwe­den ist mir dann mit der Zeit wie­der klar ge­wor­den, was ich an mei­ner Hei­mat ver­mis­se. Vor allen Din­gen nach Ge­sprä­chen mit Kom­mi­li­to­nen aus an­de­ren Län­dern habe ich ge­lernt, Deutsch­land wie­der mehr wert­zu­schät­zen. Dar­über hin­aus ist mir auch be­wusst ge­wor­den, wel­che Men­schen mir wirk­lich wich­tig sind und dass Di­stanz mache Bin­dun­gen sogar noch ver­stärkt. Mein Tipp: Eine schö­ne Post­kar­te von Kiel an je­man­den schi­cken, der über­haupt nicht damit rech­net.

Per­spek­ti­ve

ein Reisender steht mit ausgebreiteten Armen mit Blick auf vor ihm liegende Berge©Adobe Stock

Als meine Be­wer­bung für das Aus­lands­se­mes­ter an­ge­nom­men wurde, habe ich mich dar­auf ge­freut, Schwe­den und seine Ein­woh­ner ken­nen­zu­ler­nen. Tat­säch­lich habe ich auf dem Cam­pus aber nicht nur Schwe­den ken­nen­ge­lernt, son­dern die ganze Welt. Ich habe Zeit ver­bracht mit Men­schen aus Spa­ni­en, Frank­reich, Un­garn, In­di­en, Me­xi­ko, Russ­land und noch vie­len wei­te­ren Na­tio­nen. Dank des Se­mes­ters im Aus­land ist meine Per­spek­ti­ve so viel grö­ßer ge­wor­den. Der Schritt nach Schwe­den hat mich zu Be­ginn sehr viel Über­win­dung ge­kos­tet. Jetzt hin­ge­gen fühle ich mich mu­ti­ger und habe Lust, nach mei­nem Stu­di­um für eine ge­wis­se Zeit auch mal in an­de­re Län­der zu zie­hen und sie zu er­kun­den. Mein Tipp: Mit dem Se­mes­ter­ti­cket in eine frem­de Stadt fah­ren und den Ho­ri­zont zu er­wei­tern.

Ob du auch ein Aus­lands­se­mes­ter ma­chen möch­test oder am liebs­ten in Kiel deine Zeit ver­bringst – ich hoffe, du konn­test ein paar Er­kennt­nis­se für dich mit­neh­men, die dein Leben ein biss­chen schö­ner ma­chen.

© Fach­hoch­schu­le Kiel