Philine von Krosigk und Max Mertens zeigen die Ergebnisse ihrer Eye-Tracking Untersuchung.© B. Que­dens
Phi­li­ne von Kro­sigk und Max Mer­tens prä­sen­tie­ren die Er­geb­nis­se ihrer Eye-Tracking Un­ter­su­chung.

Alles im Blick: Mas­ter­stu­dent*innen un­ter­su­chen gen­der­ge­rech­te Spra­che mit­tels Eye-Tracking

von Boh Que­dens

Wie wirkt sich gen­der­ge­rech­te Spra­che auf den Le­se­fluss und das Text­ver­ständ­nis aus? Die­ser Frage gin­gen Mas­ter-Stu­die­ren­de des Fach­be­reichs Me­di­en an der Fach­hoch­schu­le Kiel nach. Im Rah­men eines For­schungs­pro­jek­tes un­ter­such­ten Max Mer­tens und Phi­li­ne von Kro­sigk mit­hil­fe von Eye-Tracking, wie un­ter­schied­li­che Sprach­for­men wahr­ge­nom­men wer­den.

„Wir woll­ten em­pi­risch for­schen, und die Gen­der-De­bat­te ist ein ak­tu­el­les und span­nen­des Thema“, be­tont von Kro­sigk. Mer­tens war zu­nächst etwas skep­tisch: „Ei­gent­lich gen­der ich per­sön­lich nicht, aber das For­schungs­de­sign klang beim Brain­stor­ming viel­ver­spre­chend und in­ter­es­sant“. Ziel der Un­ter­su­chung war es, ob­jek­ti­ve Daten zur Wahr­neh­mung von ge­schlech­ter­ge­rech­ter Spra­che in jour­na­lis­ti­schen Tex­ten zu ge­win­nen. Hier­für wurde das Eye-Tracking-Labor der FH Kiel ge­nutzt, um mit mo­der­ner Tech­nik die Blick­be­we­gun­gen und das Le­se­ver­hal­ten der Pro­band*innen zu ana­ly­sie­ren. „Eye-Tracking er­fasst prä­zi­se, wohin, wie lange und in wel­cher Rei­hen­fol­ge Men­schen bli­cken. Da­durch las­sen sich un­be­wuss­te Wahr­neh­mungs- und Ent­schei­dungs­pro­zes­se sicht­bar ma­chen“, er­klärt Prof. Petra Di­ckel, die an der Fach­hoch­schu­le forscht.

Un­ter­su­chung im Eye-Tracking-Labor

Mit Hilfe der Eye-Tracking-Tech­no­lo­gie konn­ten Rück­schlüs­se auf die Text­wahr­neh­mung ana­ly­siert wer­den. „Eye-Tracking ist eine tolle Mög­lich­keit, ob­jek­ti­ve Ein­drü­cke von Pro­band*innen zu er­hal­ten", be­tont von Kro­sigk. Die Stu­die er­streck­te sich über einen Zeit­raum von drei Tagen. Ins­ge­samt 24 Teil­neh­men­de wur­den in zwei Grup­pen auf­ge­teilt - eine Ex­pe­ri­men­tal­grup­pe, die eine ge­gen­der­te Text­ver­si­on las, und eine Kon­troll­grup­pe, der eine nicht ge­gen­der­te Ver­si­on vor­ge­legt wurde. "Wir haben einen neu­tra­len re­dak­tio­nel­len Text ge­nom­men und ihn für unser Ex­pe­ri­ment ent­spre­chend an­ge­passt", er­klärt Mer­tens.

Philine von Krosigk zeigt die Ergebnisse der Eye-Tracking Untersuchung.©B. Que­dens
Phi­li­ne von Kro­sigk zeigt die Er­geb­nis­se auf der Heat­map.

 

Er­geb­nis­se der Stu­die

In den ver­gan­ge­nen Wo­chen haben die Mas­ter-Stu­die­ren­den an der Aus­wer­tung der Er­geb­nis­se ge­ar­bei­tet: „Bei ge­schlech­ter­ge­rech­ten For­mu­lie­run­gen wird mehr auf die sprach­li­che Form als auf den In­halt ge­ach­tet", er­klärt von Kro­sigk. „Die Le­se­dau­er hatte dar­auf al­ler­dings kei­nen si­gni­fi­kan­ten Ein­fluss." Das deu­tet dar­auf hin, dass ge­schlech­ter­ge­rech­te Spra­che zwar be­wuss­ter wahr­ge­nom­men wird, aber nicht zu einer Ver­zö­ge­rung des Le­se­pro­zes­ses führt. Mer­tens er­gänzt: „Seit Jah­ren wird über das Gen­dern dis­ku­tiert. Wir woll­ten ob­jek­tiv über­prü­fen, ob es wirk­lich einen Un­ter­schied macht." Die ge­won­ne­nen Daten lie­fern wert­vol­le Hin­wei­se auf die Wahr­neh­mung von ge­schlech­ter­ge­rech­ter Spra­che, al­ler­dings räu­men die bei­den For­schen­den ein, dass die Aus­sa­ge­kraft der Un­ter­su­chung be­grenzt ist: „Wir sehen die Er­geb­nis­se als Indiz, wis­sen aber na­tür­lich, dass der Rah­men des For­schungs­pro­jek­tes zu klein ist, um dar­aus all­ge­mein­gül­ti­ge Emp­feh­lun­gen ab­zu­lei­ten". Prof. Di­ckel sieht die Un­ter­su­chung als Er­folg: „Die For­schungs­ar­beit zeigt, dass Gen­dern die Auf­merk­sam­keit stei­gert, al­ler­dings auch die Ver­ständ­lich­keit von Tex­ten er­schwe­ren kann – das ist eine wich­ti­ge Er­kennt­nis für Me­di­en, die in­klu­siv, aber auch le­se­freund­lich kom­mu­ni­zie­ren wol­len.“

For­schungs­pro­jek­te an der Fach­hoch­schu­le Kiel

Das For­schungs­pro­jekt von Max Mer­tens und Phi­li­ne von Kro­sigk ist Teil des Mas­ter­stu­di­en­gangs An­ge­wand­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft. Neben die­ser Stu­die wur­den unter der Lei­tung von Prof. Di­ckel wei­te­re For­schungs­pro­jek­te zu ver­schie­de­nen As­pek­ten der Nach­hal­tig­keits-, Wis­sen­schafts- oder Kri­sen­kom­mu­ni­ka­ti­on durch­ge­führt. „Die Stu­den­ti­sche Pro­jek­te konn­ten u.a. zei­gen, dass ein re­gio­na­ler Bezug zu mehr Auf­merk­sam­keit in der Mee­res­schutz­kom­mu­ni­ka­ti­on führt bzw. dass KI-ge­kenn­zeich­ne­te So­ci­al Media Posts we­ni­ger glaub­wür­dig sind und die Re­ak­tanz er­hö­hen,“ fasst Di­ckel die Re­sul­ta­te der Stu­die­ren­den zu­sam­men.

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