Eine Frau mit Fischbrötchenbox© Pri­vat

Au­ßer­ge­wöhn­li­che Stu­den­ten­jobs: Zwi­schen Hör­saal und Fisch­stand

von Len­nard Woro­bic

An der Fach­hoch­schu­le Kiel stu­diert Pia Fo­bi­an Öf­fent­lich­keits­ar­beit und Un­ter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on, ihr Ne­ben­job hat al­ler­dings über­haupt nichts mit Me­di­en zu tun: Seit dem ers­ten Se­mes­ter ar­bei­tet die ge­bür­ti­ge Eu­ti­ne­rin beim Fa­mi­li­en­un­ter­neh­men Maaß Fisch­spe­zia­li­tä­ten. Mit­ten in der Nacht steht Pia auf, um ge­mein­sam mit ihren Kol­leg*innen auf Wo­chen­märk­te zu fah­ren. Dort prä­pa­riert sie Fisch, berät Kund*innen und ver­kauft schlie­ß­lich die Ware – der Un­ter­schied zu ihrem Stu­di­um könn­te kaum grö­ßer sein.

Es ist Frei­tag­nacht, 3 Uhr. Der We­cker klin­gelt – für Pia Fo­bi­an heißt das Auf­ste­hen und fer­tig ma­chen für die Ar­beit. In einer Stun­de muss sie aus dem Haus in Rich­tung Wo­chen­markt, um Fisch zu ver­kau­fen. „Im Se­mes­ter ar­bei­te ich ein­mal wö­chent­lich, in der vor­le­sungs­frei­en Zeit bis zu vier Mal die Woche“, er­zählt die Stu­den­tin. Ihr Ar­beit­ge­ber Maaß Fisch­spe­zia­li­tä­ten ist auf den Wo­chen­märk­ten in Ham­burg Volks­dorf, Bram­feld und Rein­bek sowie in Eutin und Neu­stadt ver­tre­ten. Ist der Stu­di­en­all­tag an der Fach­hoch­schu­le Kiel in vol­lem Gange, fährt Pia in der Regel sams­tags mit nach Rein­bek, in den Se­mes­ter­fe­ri­en sprin­ge sie al­ler­dings ein „wo ge­ra­de Be­darf ist“, so die 22-Jäh­ri­ge. 

Ein Tag auf dem Markt ist lang: Wenn Pia mit nach Ham­burg oder Rein­bek kommt, fah­ren sie und ihr Kol­leg*innen um 4 Uhr mor­gens los und sind nach­mit­tags um 16/16:30 Uhr wie­der da – für den ein oder an­de­ren Lang­schlä­fer un­vor­stell­bar, für die Me­di­en­stu­den­tin mitt­ler­wei­le Rou­ti­ne. „An das frühe Auf­ste­hen und die lan­gen Tage muss­te ich mich erst­mal ge­wöh­nen, aber wenn man das ge­schafft hat und die Ar­beit Spaß bringt, ist es nicht mehr an­stren­gend“, meint Pia Fo­bi­an. 

An­ge­kom­men auf dem Markt hilft Pia dabei, den Stand auf­zu­bau­en. „Als Ers­tes muss Eis in einen An­hän­ger ge­füllt wer­den, dar­auf kommt dann der ganze Fisch“, er­klärt die Stu­den­tin. Au­ßer­dem müs­sen Sa­la­te um­ge­füllt, Ver­pa­ckun­gen hin­ge­legt und auf­ge­füllt wer­den – dann stellt Pia Salat und Räu­cher­fisch be­reit. Sind alle Vor­be­rei­tun­gen ge­trof­fen, geht es an den Ver­kauf: „Wenn das alles fer­tig ist, ver­kau­fe ich die Ware und be­ra­te die Kun­den, nehme Fi­sche aus oder schnei­de sie so zu­recht wie es ge­wünscht ist“, er­klärt die Eu­ti­ne­rin. Nach­mit­tags wird dann alles wie­der ein­ge­räumt und sau­ber ge­macht, bevor es nach Hause geht.

Eine Freun­din, die selbst bei Maaß Fisch­spe­zia­li­tä­ten an­ge­stellt ist, er­mu­tig­te Pia, auch ein­mal mit auf den Wo­chen­markt zu kom­men. „Ich dach­te immer: ‚Das ist nicht mein Ding‘“, er­zählt die Stu­den­tin. Doch als die ers­ten Se­mes­ter­fe­ri­en kamen, hatte sie viel Zeit und woll­te Geld ver­die­nen – also rief sie ihre jet­zi­ge Che­fin an. „Ei­gent­lich woll­te ich den Job nur ein paar Wo­chen ma­chen, aber ich bin da­bei­ge­blie­ben, weil es mir so gut ge­fiel“, be­rich­tet Pia zu­frie­den. Der Kon­trast zum Stu­di­um scheint für sie genau rich­tig zu sein: „Das ist na­tür­lich eine ganz an­de­re Ar­beit als das Ler­nen oder Stu­die­ren – so tut man auch kör­per­lich etwas und ist immer an der fri­schen Luft.“ So­wohl mit ihren Kol­leg*innen als auch mit Kund*innen ver­steht sich Pia bes­tens. Das Klima in­ner­halb des Be­trie­bes sei sehr fa­mi­li­är, „alle sind lus­tig drauf und man be­kommt jeden Tag neue Sprü­che mit“, be­rich­tet sie von ihrem Ar­beits­all­tag. Zudem ge­fal­le ihr der Aus­tausch mit ver­schie­de­nen Men­schen auf dem Markt: „Man be­kommt so­fort po­si­ti­ves Feed­back, wenn man be­son­ders freund­lich ist oder zum Bei­spiel extra noch die Grä­ten aus dem Fisch zieht.“ 

Durch die Ar­beit am Fisch­stand und die ein oder an­de­re Le­bens­weis­heit ihrer Chefs habe Pia au­ßer­halb des Stu­di­ums wich­ti­ge Er­fah­run­gen ge­sam­melt. „Ich habe ge­lernt, dass man sich für alles be­geis­tern kann – ich hätte näm­lich vor­her nie ge­dacht, dass ich mich mal für Fisch in­ter­es­sie­re“, er­zählt die 22-Jäh­ri­ge. Von ihrer Of­fen­heit und Neu­gier­de für einen kom­plett an­de­ren Be­reich hat Pia pro­fi­tiert – und so wur­den aus „ein paar Wo­chen“ zwei Jahre. 

© Fach­hoch­schu­le Kiel