Ansicht Präsentation von Roboter Emma© J. Kö­nigs

„Einen Kaf­fee, bitte!“ – FH Ro­bo­ter Emma un­ter­wegs in der Pfle­ge

von Julia Kö­nigs

Emma ist ein be­kann­ter Gast in der De­menz-WG der Dia­ko­nie Alt­hol­stein im Kie­ler Gus­tav-Schatz-Hof im Stadt­teil Gaar­den: Der hu­ma­noi­de Ro­bo­ter auf Rol­len be­sucht die Be­woh­ner*innen der Wohn­ge­mein­schaft de­men­zi­ell Er­krank­ter re­gel­mä­ßig, um mit ihnen zu sin­gen, zu tan­zen und ihnen Freu­de zu be­rei­ten. 

Emma ist einer der Ro­bo­ter der Fach­hoch­schu­le Kiel, der im Rah­men des For­schungs­pro­jekts CA­REI­BOTS in Pfle­ge­ein­rich­tun­gen ge­tes­tet und in Zu­sam­men­ar­beit mit Pfle­ge­kräf­ten ste­tig ver­bes­sert wird. 

Die­ser Auf­ga­be nah­men sich im Som­mer­se­mes­ter 2019 die Stu­die­ren­den des zwei­ten Se­mes­ters des Ba­che­lor-Stu­di­en­gangs Me­di­en­in­ge­nieur­we­sen an. Sie er­ar­bei­te­ten in­ner­halb von zwölf Wo­chen kon­kre­te Kon­zep­te, um Emma in der De­menz-WG noch be­lieb­ter zu ma­chen – immer ori­en­tiert an den Wün­schen und Be­dürf­nis­sen der Be­woh­ner*innen. 

Die 15 Teams der Mo­du­le „Ge­stal­tung“ und „An­for­de­rungs­ma­nage­ment“, be­treut von Prof. Dr. Heidi Kjär und Sa­bi­ne Hipp, über­zeug­ten am 24. Juni 2019 mit ihren Ab­schluss­prä­sen­ta­tio­nen. Die Stu­die­ren­den ent­wi­ckel­ten Ap­pli­ka­tio­nen für das Emma-Ta­blet, um den De­menz­pa­ti­ent*innen in der Wohn­grup­pe die Es­sens- oder Ge­trän­ke­be­stel­lung zu er­leich­tern, wäh­rend die Pfle­ge­kräf­te an­de­ren Auf­ga­ben nach­ge­hen kön­nen. Vor dem Hin­ter­grund, die­ses Ein­satz­sze­na­rio im Kon­text da­ten­schutz­recht­li­cher, si­cher­heits­tech­ni­scher und ethi­scher As­pek­te zu ge­stal­ten, kre­ierten die Teams erste Click-Dum­mys und Mood­boards, die ihre Pläne greif­ba­rer mach­ten. 

So prä­sen­tier­ten die Stu­den­tin­nen Bi­ri­tan Bozan und Nilay Bulut ihren Ge­trän­ke­ser­vice für Emma. Sie ver­setz­ten sich in die Rolle der fik­ti­ven Dame Han­ne­lo­re, die ihren Ge­trän­ke­wunsch beim Bingo-Spie­len ei­gen­stän­dig ab­ge­ben möch­te. 

„Un­se­re App soll leicht zu be­die­nen, selbst­er­klä­rend, spie­le­risch und vi­su­ell an­spre­chend sein“, so Bi­ri­tan in der Prä­sen­ta­ti­on. „So wol­len wir den Be­woh­ne­rin­nen und Be­woh­nern ihre Selbst­stän­dig­keit er­mög­li­chen.“ 

Die Stu­den­tin­nen ent­schie­den sich für ein kla­res De­sign mit Icons für Was­ser­glä­ser oder Kaf­fee­be­cher, eine Touch-Ein­ga­be sowie Häk­chen und Kreu­ze, die bei Seh­schwä­che auch als Farber­satz die­nen. Über eine Ge­sichts­er­ken­nung sol­len die Nut­zer*innen au­ßer­dem per­sön­lich an­ge­spro­chen wer­den: Loggt sich die fik­ti­ve Han­ne­lo­re bei­spiels­wei­se ein, er­scheint ihr Foto auf dem Ta­blet. Ist der Kaf­fee be­stellt, zeigt Emma das Foto der Pfle­ge­rin Jo­han­na, die Han­ne­lo­re dann ihr Ge­tränk brin­gen wird. 

Auch die Stu­den­ten Joey Wille und Tim Loh­mann durch­lie­fen die Pha­sen Sze­na­rio-Ent­wick­lung, Ziel­grup­pen­ana­ly­se, Per­so­na-De­fi­ni­ti­on, Auf­ga­ben­stel­lung, De­sign und Hand­ha­bung. Sie be­fass­ten sich damit, das zen­tra­le Thema „Mit­tag­essen be­stel­len“ für die Be­woh­ner*innen zu er­leich­tern: Mit Fotos der ver­schie­de­nen Spei­sen soll ihre App dazu an­re­gen, das pas­sen­de Ge­richt aus­zu­wäh­len. Der Ein­be­zug zur Seh­schwä­che und zur Far­ben­blind­heit Farb­as­pek­ten sorgt zu­sätz­lich für ein in­klu­si­ves De­sign.  

An­de­re As­pek­te wie Tag-und-Nacht-Modi, Farb­va­ria­tio­nen und Sym­bo­len statt Text­fel­dern be­grün­de­ten alle nach­fol­gen­den Teams immer fach­ge­recht und kon­kret. 

Mit ak­tu­el­len Pro­blem­la­gen des Pfle­ge­not­stands be­fass­ten sich Dus­tin Ro­misch­ke und Kel­vin Le­clai­re. Sie be­ton­ten, wie wich­tig es sei, junge Men­schen wie­der für den Pfle­ge­be­ruf zu be­geis­tern. Durch den tech­ni­schen Ein­satz von Apps, Ta­blets und Ro­bo­tern wie Emma könne dies ge­lin­gen. 

„Au­ßer­dem stört es Emma nicht, fünf­mal da­nach ge­fragt zu wer­den, was es zum Mit­tag­essen gibt“, sag­ten die Stu­den­ten. „Bei mensch­li­chen Pfle­ge­rin­nen und Pfle­gern kann das an­ders sein.“ Pfle­ge­kräf­te, die tech­no­lo­gie­af­fin aus­ge­bil­det wür­den, könn­ten für ein neues Image des Be­rufs­stands sor­gen. 

Die Er­geb­nis­se der Stu­die­ren­den zei­gen, dass sie nicht nur Prin­zi­pi­en der Farb­ge­stal­tung, der Ty­po­gra­fie und der Bild­kom­po­si­ti­on er­lern­ten, son­dern sich auch mit Grund­la­gen der Kon­zep­ti­on di­gi­tal-vi­su­el­ler Me­di­en, der Ziel­grup­pen­ana­ly­se und des Be­darfs­ma­nage­ments aus­ein­an­der­setz­ten. Sou­ve­rän meis­ter­ten sie die Si­tua­ti­on einer Pro­jekt­prä­sen­ta­ti­on und zeig­ten, dass sie ihrer in­ter­dis­zi­pli­nä­ren Schnitt­stel­len­kom­pe­tenz zwi­schen Tech­nik und De­sign ge­recht wur­den. 

Emma ist in der De­menz-WG be­reits jetzt ein gern­ge­se­he­ner Gast. Die neuen App-Kon­zep­te der Stu­die­ren­den der FH Kiel könn­ten in der Dia­ko­nie Alt­hol­stein zu­künf­tig wei­ter dafür sor­gen, dass Emma das Pfle­ge­per­so­nal bei ein­fa­chen Tä­tig­kei­ten un­ter­stützt und ent­las­tet. Somit wür­den die FH-Stu­die­ren­den einen wert­vol­len Bei­trag dazu leis­ten, die Qua­li­tät der Al­ten­pfle­ge wei­ter­zu­ent­wi­ckeln.   

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