Prof. Dr. Manuel Stegemann an der Fachhochschule Kiel© M.​Pilch

Freu­de an Aha-Ef­fek­ten und fal­len­den Gro­schen

von Frau­ke Schä­fer

Mit sei­nem Fach löst Prof. Ma­nu­el Ste­ge­mann bei vie­len Stu­die­ren­den Stress statt Vor­freu­de aus. Das weiß der neue Pro­fes­sor für Sta­tis­tik und Mar­ke­ting na­tür­lich. Aber als stu­dier­ter Psy­cho­lo­ge und pro­mo­vier­ter Be­triebs­wirt hat er das nö­ti­ge Rüst­zeug, um bei sei­nen Stu­die­ren­den für Aha-Ef­fek­te und fal­len­de Gro­schen zu sor­gen. Was ihn an die FH ge­lockt und wel­che sport­li­chen Am­bi­tio­nen der 33-Jäh­ri­ge hat, be­rich­tet er Frau­ke Schä­fer im In­ter­view.

Ober­fläch­lich be­trach­tet gleicht Ihr Le­bens­lauf ein wenig einem Zick­zack­kurs: In der Schu­le Leis­tungs­kur­se Mathe und Phy­sik, dann Psy­cho­lo­gie­stu­di­um, an­schlie­ßend Job bei einer Un­ter­neh­mens­be­ra­tung, dann BWL-Pro­mo­ti­ons-Stu­di­um, wie­der Un­ter­neh­mens­be­ra­tung. Wie passt das alles zu­sam­men?

Sie haben Recht, es wirkt si­cher­lich erst ein­mal nicht so ge­rad­li­nig. Die ein­zel­nen Sta­tio­nen haben je­doch einen in­halt­li­chen Zu­sam­men­hang. Wäh­rend mei­ner Schul­zeit dach­te ich, dass ich spä­ter BWL stu­die­ren würde. Aber dann ent­schied ich mich nach dem Abi dafür, ein Psy­cho­lo­gie­stu­di­um aus­pro­bie­ren. Am Fach hat mich ge­reizt, dass bei sämt­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen der Mensch im Mit­tel­punkt steht. Ich muss­te weder zum Bund noch zum Zi­vil­dienst, war also ge­wis­ser­ma­ßen ein Jahr frü­her dran, und dach­te: „Das kann ich ris­kie­ren.“ Ich habe mich dann im Stu­di­um sehr wohl­ge­fühlt, weil ein Psy­cho­lo­gie­stu­di­um viel Sta­tis­tik be­inhal­tet, natur- und ge­sell­schafts­wis­sen­schaft­li­che Kom­po­nen­ten um­fasst und die Mög­lich­keit bie­tet, in die Wirt­schaft zu gehen. Dem­entspre­chend habe ich meine Ne­ben­jobs an der Uni und Prak­ti­ka in der Markt­for­schung ge­wählt.

Sie haben dann aber nicht bei einer Mar­ke­ting­agen­tur, son­dern bei einer Un­ter­neh­mens­be­ra­tung an­ge­fan­gen, bei der Bos­ton Con­sul­ting Group.

Ja, dort war ich, im BCG-Jar­gon, ein so­ge­nann­ter Exot. Zum Ein­stieg er­hielt ich ein vier­wö­chi­ges In­ten­siv­trai­ning und bin dann als Be­ra­ter in die Pro­jek­te ein­ge­stie­gen. Ich hatte zwar nicht den theo­re­ti­schen Hin­ter­grund der Be­triebs­wirt­schaft, habe sie aber prak­tisch in den Pro­jekt­teams an­ge­wandt, zum Bei­spiel in Mar­ken­bil­dungs­pro­jek­ten oder der Kon­su­men­ten­for­schung. Es war an ei­ni­gen Stel­len auch schön, der Psy­cho­lo­ge in den be­triebs­wirt­schaft­li­chen Teams zu sein.

Also nicht, wie man es sich ge­mein­hin vor­stellt, der Viel­rei­sen­de,  der Un­ter­neh­men kurz vorm Ex­itus auf­räumt?

Viel ge­reist bin ich schon. Ich war immer vor Ort beim Kun­den, hatte aber das Glück, dass meine Fä­hig­kei­ten eher ge­fragt waren, wenn es um stra­te­gi­sche Fra­gen ging. Also „wie wer­den wir grö­ßer, wie ent­wi­ckeln wir etwas Neues?“ Ich habe da­durch zu mei­nem Glück vor allem auf­bau­en dür­fen, „auf­räu­men oder ab­rei­ßen“ muss­te ich in den an­dert­halb Jah­ren gar nicht. Ich glau­be, das könn­te ich ehr­lich ge­sagt auch nicht be­son­ders gut.

Warum haben Sie dann noch ein­mal stu­diert be­zie­hungs­wei­se pro­mo­viert?

Für mich stell­te sich die Frage nach mei­nem dau­er­haf­ten Le­bens­mo­dell. Und das war für mich nicht die Un­ter­neh­mens­be­ra­tung in der da­ma­li­gen Form. An­de­re Dinge, die mir wich­tig waren, wie Freun­de, Part­ner­schaft, Sport, waren für mich auf Dauer zu schwer mit der Ar­beit zu ver­ein­ba­ren. Vor die­sem Hin­ter­grund und aus In­ter­es­se an der Wis­sen­schaft fass­te ich den Ent­schluss, zu pro­mo­vie­ren. Die Frage war nur: „Psy­cho­lo­gie oder BWL?“ An der Uni Müns­ter, die im Be­reich Mar­ke­ting einen guten Ruf hat, gab es eine span­nen­de Stel­le, auf die ich mich fach­fremd be­wor­ben habe. So war ich schon wie­der ein Exot und muss­te par­al­lel zu mei­ner Stel­le als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter und Dok­to­rand ge­wis­se Pro­mo­ti­ons­auf­la­gen er­fül­len. Es war ein bun­ter Strauß an Mo­du­len in der BWL/VWL, vom ers­ten Se­mes­ter bis hin zu Kur­sen im Mas­ter. Im Nach­hin­ein bin ich froh dar­über, da ich so noch die In­hal­te der BWL aus aka­de­mi­scher Sicht „nach­ho­len“ konn­te.

Nach der Pro­mo­ti­on sind Sie wie­der in die Un­ter­neh­mens­be­ra­tung ge­gan­gen, die­ses Mal im Be­reich Ge­sund­heits­we­sen. Warum das?

Nach der Pro­mo­ti­on stand ich vor der Frage, ob ich meine aka­de­mi­sche Kar­rie­re fort­set­ze. Die Mög­lich­keit be­stand, mir hatte auch die Lehre sehr viel Spaß ge­macht. Doch be­reits drei Jahre zuvor, als ich ge­ra­de meine Pro­mo­ti­on be­gann, er­hielt ich ein An­ge­bot einer klei­nen Firma, die für Per­so­nal­be­ra­tungs­leis­tun­gen im Ge­sund­heits­we­sen be­kannt ist. Sie such­ten da­mals je­man­den mit Kennt­nis­sen in der BWL und Psy­cho­lo­gie für die ge­mein­sa­me Lei­tung des Un­ter­neh­mens. Der Kon­takt blieb wäh­rend mei­ner Pro­mo­ti­ons­zeit er­hal­ten, und die Stel­le eben­falls va­kant. So bin ich letzt­end­lich dann doch dort ge­lan­det. Ich fand die Mög­lich­keit sehr span­nend, da sie drei Be­rei­che ver­band: Me­di­zi­ni­sches Wis­sen  - da muss­te ich mich noch rein­ar­bei­ten - Psy­cho­lo­gie, weil es pri­mär um Fra­gen des Per­so­nal­ma­nage­ments geht, und die BWL, da Kran­ken­häu­ser ja heut­zu­ta­ge auch sehr von wirt­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen ge­prägt wer­den.

Ich hatte Sie eben ganz kurz ge­dank­lich dem Fach­be­reich So­zia­le Ar­beit und Ge­sund­heit zu­ge­ord­net, aber Sie ge­hö­ren ja zu Wirt­schaft! Das In­ter­dis­zi­pli­nä­re liegt Ihnen an­schei­nend.

Ich habe ver­sucht, immer in­ter­dis­zi­pli­när zu han­deln und zu den­ken. Das nehme ich mir auch für die Lehre sehr zu Her­zen. Ich bin zur einen Hälf­te in die Sta­tis­tik ein­ge­bun­den und zur an­de­ren ins Mar­ke­ting. Ge­ra­de die Sta­tis­tik be­rei­tet vie­len Leu­ten Angst. Sie ist schwer zu­gäng­lich und wirkt abs­trakt. Wenn man aber ver­sucht, die For­meln bei­sei­te zu las­sen und sich über die An­wen­dun­gen dem Thema nä­hert, fällt der Gro­schen bei den meis­ten doch ir­gend­wann. Und die­sen Aha-Ef­fekt zu er­le­ben, macht mir per­sön­lich sehr viel Spaß und mo­ti­viert mich, das Fach zu un­ter­rich­ten.

Und Mar­ke­ting?

Mar­ke­ting in­te­griert aus mei­ner Sicht sehr schön die Be­rei­che Psy­cho­lo­gie und BWL. Und in die­ser Schnitt­stel­le be­we­ge ich mich am liebs­ten. Als ich die Aus­schrei­bung der Pro­fes­sur ge­se­hen habe, dach­te ich: „Wow, diese Kom­bi­na­ti­on hatte ich so noch nicht ge­se­hen, das könn­te zu mir pas­sen.“

Und was hat Sie an der FH und die­ser Re­gi­on an­ge­spro­chen?

Zum einen die Größe der Hoch­schu­le. Da er­gibt sich leich­ter die Mög­lich­keit, in­ter­dis­zi­pli­när zu den­ken, zu han­deln, zu leh­ren. Ich habe mich au­ßer­dem am Fach­be­reich so­fort wohl ge­fühlt, die gute At­mo­sphä­re kriegt man schon im Be­wer­bungs­ver­fah­ren mit. Und ob­wohl ich die Re­gi­on zuvor nicht kann­te, passt sie, glau­be ich, auch pri­vat zu mir. Ich gehe seit ei­ni­gen Jah­ren ein­mal im Jahr mit Freun­den auf eine Se­gel­tour, aber habe es lei­der bis­lang nicht ge­schafft, einen Se­gel­schein zu ma­chen. Im ver­gan­ge­nen Som­mer bin ich zudem mit dem Ki­te­sur­fen an­ge­fan­gen und muss noch viel ler­nen. Alles in allem also eine glück­li­che Fü­gung, ans Meer zu zie­hen und die­sen bei­den Am­bi­tio­nen nach­zu­ge­hen. Und als meine Part­ne­rin sagte, sie könne sich vor­stel­len hier zu leben, war das für mich eine klare Sache.

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