Eine Frau mit rotem Hemd und blondem  Bob, posiert auf einem Sessel für die Kamera.© FH Kiel

Neue Gleich­stel­lungs­be­auf­tra­ge der FH Kiel

von Jana Tresp

Vom Schwarz­wald an die Ost­see – kon­trast­rei­cher hätte der Umzug von Sarah Braun nicht sein kön­nen. Seit dem 15. April 2013 ist sie die neue Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te an der Fach­hoch­schu­le Kiel (FH Kiel). Davor war sie an der Hoch­schu­le Furt­wan­gen als Gleich­stel­lungs­re­fe­ren­tin tätig. Von ihrer neuen Wahl­hei­mat­stadt Kiel ist sie sehr freund­lich emp­fan­gen wor­den – mit den ers­ten war­men Son­nen­ta­gen des Jah­res – und auch an der FH Kiel stieß sie bis­lang auf viele of­fe­ne Türen.

Jana Tresp (JT): Wie sind Sie an die FH Kiel ge­kom­men?

Sarah Braun (SB): Ich komme ur­sprüng­lich aus Ber­lin und habe dort Gen­der­stu­dies und ver­glei­chen­de Re­li­gi­ons­wis­sen­schaf­ten stu­diert. Nach mei­nem Ab­schluss bin ich nach Süd­deutsch­land an die Hoch­schu­le Furt­wan­gen ge­gan­gen und habe dort als Gleich­stel­lungs­re­fe­ren­tin ge­ar­bei­tet. Süd­deutsch­land ist an­ders als Ber­lin und Furt­wan­gen noch­mal an­ders als Süd­deutsch­land. Ich hatte dort einen schö­nen Be­rufs­ein­stieg. Es war je­doch klar, dass Furt­wan­gen keine Dau­er­lö­sung sein konn­te – zum einen durch Be­fris­tung, zum an­de­ren durch mein ei­ge­nes Ge­fühl. Daher haben meine Fa­mi­lie und ich über­legt, in wel­che Re­gi­on Deutsch­lands es uns zie­hen könn­te. Schnell waren wir uns einig: Es soll wie­der in Rich­tung Nor­den gehen. Ich habe mich also nach Jobs um­ge­se­hen und bin auf die Aus­schrei­bung der FH Kiel ge­sto­ßen. Das An­for­de­rungs­pro­fil der Stel­le ent­sprach genau mei­nen Vor­stel­lun­gen, meine Kin­der woll­ten gerne die Ost­see di­rekt vor der Haus­tür haben, da fiel die Ent­schei­dung für Kiel leicht.

JT: Wel­che Auf­ga­ben hat eine Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te an einer Hoch­schu­le?

SB: Grund­la­ge mei­ner Ar­beit sind das Lan­des­hoch­schul­ge­setz und das Gleich­stel­lungs­ge­setz. Im Mit­tel­punkt ste­hen Men­schen. Meine Haupt­auf­ga­be be­steht darin, so auf die Ent­fal­tungs­mög­lich­kei­ten aller Men­schen an der Hoch­schu­le ein­zu­wir­ken, dass Wert­schät­zung und so­li­da­ri­sches Mit­ein­an­der ver­bes­sert wer­den. Dabei geht es auch darum, die Men­schen in all Ihrer Viel­falt wahr- und ernst zu neh­men; weder das Alter, der Mi­gra­ti­ons­hin­ter­grund noch die Re­li­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit oder Fak­to­ren wie Fa­mi­li­en­ver­ant­wor­tung dür­fen den ein­zel­nen dabei im Weg ste­hen, sich an der Hoch­schu­le ein­zu­brin­gen. Ein Gro­ß­teil die­ser Auf­ga­be be­steht noch immer darin, die Chan­cen­gleich­heit für Frau­en her­zu­stel­len. The­men wie ‚Gen­der Pay Gap‘*, die ‚glä­ser­ne Decke‘*¹, sowie die Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­lie und Beruf bzw. Stu­di­um prä­gen mein Han­deln.

JT: Wo sehen Sie Hand­lungs­be­darf an der FH Kiel?

SB: Ich bin erst seit we­ni­gen Tagen hier. Daher kann ich noch nicht sehr viel zur Si­tua­ti­on hier sagen. Aber es gibt grund­sätz­li­che Hand­lungs­fel­der. Es feh­len zum Bei­spiel Frau­en auf den obe­ren Hier­ar­chie­stu­fen. Da bil­det die Fach­hoch­schu­le Kiel keine Aus­nah­me. Au­ßer­dem stu­die­ren an allen Hoch­schu­len in Deutsch­land zu we­ni­ge Frau­en in MINT-Fä­chern. Gleich­zei­tig wird der Be­reich So­zia­le Ar­beit und Ge­sund­heit von Frau­en do­mi­niert. Dort müss­ten eher Män­ner an­ge­wor­ben wer­den. Wobei ich dif­fe­ren­zie­ren muss: In den hö­he­ren Ebe­nen sind auch Män­ner in der So­zia­len Ar­beit und Ge­sund­heit ver­tre­ten. Eben­so ein über­re­gio­na­les Thema ist die Fa­mi­li­en­freund­lich­keit. Un­ter­neh­men oder In­sti­tu­tio­nen wie die Hoch­schu­le wären gut be­ra­ten, ihre Struk­tu­ren fa­mi­li­en­freund­lich auf­zu­stel­len.

JT: Gab es denn schon eine er­wäh­nens­wer­te ‚Amts­hand­lung‘ seit Sie an der Fach­hoch­schu­le sind?

SB: Im Mo­ment be­stehen meine ‚Amts­hand­lun­gen‘ noch darin, mich über­all vor­zu­stel­len und in die re­gel­mä­ßig statt­fin­den­den Run­den ein­zu­la­den. Ich bin in Zu­kunft zum Bei­spiel bei den Prä­si­di­ums­sit­zun­gen dabei oder wenn der Kanz­ler mit sei­nen Ab­tei­lungs­lei­te­rin­nen und -lei­tern tagt. Ich be­fin­de mich ge­wis­ser­ma­ßen noch in der ‚Staub­sauger­pha­se‘. Ich sauge sämt­li­che In­for­ma­tio­nen auf, die ich be­kom­men kann.

JT: Wie stel­len Sie sich Ihre Zu­kunft an der FH vor?

SB: Ich freue mich auf ganz viele span­nen­de Ge­sprä­che mit Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen. Eine Hoch­schu­le lebt immer von den Men­schen. In mei­ner Po­si­ti­on habe ich Kon­takt zu allen Be­rei­chen: Zu den Leh­ren­den, den Stu­die­ren­den und zur Ver­wal­tung. Mit all die­sen Ak­ti­vis­tin­nen und Ak­ti­vis­ten möch­te und werde ich zu­sam­men­ar­bei­ten. Dar­auf freue ich mich sehr.

* Gen­der Pay Gap (ge­le­gent­lich auch Gen­der Wage Gap, deutsch etwa: Ge­schlech­ter-Ein­kom­mens­lü­cke oder Ge­schlech­ter-Lohn­lü­cke) ist ein Be­griff der Volks­wirt­schafts­leh­re und der So­zio­lo­gie, der den durch­schnitt­li­chen Un­ter­schied der Stun­den­löh­ne und damit Ein­kom­mens­un­ter­schie­de zwi­schen Män­nern und Frau­en in der ge­sam­ten Volks­wirt­schaft be­schreibt.

*¹ Der Be­griff Glä­ser­ne Decke (engl. glass cei­ling) ist eine Me­ta­pher für das Phä­no­men, dass qua­li­fi­zier­te Frau­en kaum in die Top-Po­si­tio­nen in Un­ter­neh­men oder Or­ga­ni­sa­tio­nen vor­drin­gen und spä­tes­tens auf der Ebene des mitt­le­ren Ma­nage­ments „hän­gen­blei­ben“.

Zum Sei­ten­an­fang

© Fach­hoch­schu­le Kiel