Eine Frau mit schwarzem Bob, steht glücklich an einem Rednerpult.© FH Kiel

Partizipation von Kindern in Kitas in Schleswig-Holstein interessiert auch Japan

von Prof. Raingard Knauer

参画 (san kaku = Beteiligung organisieren) – So liest sich Partizipation im Japanischen.

Was in Deutschland bereits seit einigen Jahren erfolgreich erprobt und angewandt wird, möchte Prof. Miho Funakoshi auch in ihrer Heimat Japan einführen: Partizipation im Kindergarten. Was dürfen deutsche Kinder allein oder gemeinsam mit anderen entscheiden? Und wie begleiten die Fachkräfte diese Partizipation? Antworten auf diese Fragen suchte Prof. Miho Funakoshi bei ihrem Studienaufenthalt in Schleswig-Holstein im Oktober 2012 unter anderem an der Fachhochschule (FH) Kiel.

Seit 18 Jahren lehrt Prof. Miho Funakoshi an der University of Education im japanischen Fukuoka Kindergartenpädagogik. Dabei beschäftigt sie sich intensiv mit Demokratiebildung in Kitas und mit den Methoden, durch die schon Krippenkinder Demokratie erfahren können. Bei ihrer Forschung stieß sie auf das Kieler Institut für Partizipation und Bildung e. V. (IPB), auf dessen Homepage u. a. die Konzepte „Die Kinderstube der Demokratie“ und „Mitentscheiden und Mithandeln“ vorgestellt werden. Um mehr darüber zu erfahren, nahm sie Kontakt zu Prof. Raingard Knauer auf. Als Vorstandsmitglied des Vereins und Professorin für Pädagogik an der FH Kiel hat sie gemeinsam mit dem Diplom-Sozialpädagogen Rüdiger Hansen und Prof. Benedikt Sturzenhecker von der Universität Hamburg diese Konzepte mitentwickelt.

Im Rahmen eines zweiwöchigen Studienaufenthaltes in Deutschland besuchte Prof. Miho Funakoshi im Oktober 2012 fünf verschiedene schleswig-holsteinische Kindertageseinrichtungen und sprach mit verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Praxis. Darüber hinaus stellte sie Studierenden des Fachbereichs Soziale Arbeit und Gesundheit der FH Kiel in einem Vortrag das System der Vorschulerziehung in Japan vor.

Darin machte sie deutlich, dass es einerseits Parallelen, andererseits aber auch große Unterschiede zwischen dem japanischen und dem deutschen Kita-System gibt. In beiden Ländern wächst der Bedarf an guten Kindergärten. Die steigende Zahl berufstätiger Mütter führt auch in Japan zu langen Wartelisten für Kita-Plätze und auch dort ist das freie Spiel im Kita-Alltag wichtig. Und doch unterscheiden sich beide Länder in einigen Punkten: In Japan ist es nicht ungewöhnlich, dass Kinder in Kitas und Grundschulen Uniformen tragen. Darüber hinaus ist die Fachkraft-Kind-Relation deutlich schlechter als in Deutschland: In der Altersgruppe der Vierjährigen beispielsweise betreut eine Fachkraft 30 bis 35 Kinder. Obwohl es durchaus Kindergärten gibt, die nach einem offenen Konzept arbeiten möchten, sind die Möglichkeiten, solche Konzeptionen umzusetzen, durch die großen Gruppen immer wieder stark eingeschränkt. 

Im Rahmen ihrer Hospitationen in Schleswig-Holstein schaute sich Prof. Funakoshi genau an, wie Partizipation im Alltag der AWO-Kitas Nienbrügger Weg und Jütlandring in Kiel und der Evangelischen Kita Quickborn umgesetzt wird. Sie war beeindruckt, wie selbstbestimmt und kompetent die Kinder dort ihren Alltag gestalten und in Kinderkonferenzen und -parlamenten gemeinsame Entscheidungen fällen. „Sie beschließen sogar, ob und wann sie im Kinderrestaurant etwas essen gehen“, staunte Prof. Funakoshi. Außerdem besuchte sie zwei Naturkindergärten – den Kieler Strandkindergarten der AWO sowie den Waldkindergarten in Flensburg. „In Japan interessieren wir uns sehr für Naturpädagogik“, erklärte sie. „Es ist interessant zu beobachten, wie sich die Kinder in der Natur mit immer wieder neuen Themen beschäftigen.“

Zurück in Japan möchte sie ihre Eindrücke vor allem für die Lehre nutzen und vielleicht erste Versuche starten, Partizipation in Kindergärten zu erproben.

Hintergrund Prof. Dr. Miho Funakoshi

Seit 18 Jahren lehrt Prof. Dr. Miho Funakoshi Kindergartenpädagogik an der University of Education in Fukuoka. Ihre Fachgebiete sind die Theorie und Praxis des deutschen Pädagogen Friedrich Fröbel und die aktuelle Praxis von Kindertageseinrichtungen in Deutschland. Nach Deutschland führte sie bislang u. a. ein achtmonatiger Forschungsaufenthalt in München. Sie besuchte Oberweißbach, den Geburtsort Fröbels, und Bad Blankenburg in Thüringen, den Ort, an dem Fröbel den ersten deutschen Kindergarten gründete.

Prof. Raingard Knauer

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