Mann am Laptop© Pri­vat

Stu­die­ren­den-All­tag im Home Of­fice

von Len­nard Woro­bic

Die Co­rona­kri­se hat uns alle kalt er­wischt. In der letz­ten Woche gab FH-Prä­si­dent Prof. Dr. Udo Beer be­kannt, dass die Lehr­ver­an­stal­tun­gen an der Hoch­schu­le bis zum 19.4.2020 aus­fal­len und ins In­ter­net ver­legt wer­den (die viel.-Re­dak­ti­on be­rich­te­te). Kurz da­nach folg­te die Schlie­ßung der Mensa und Bi­blio­thek, zwei Tage spä­ter dann die Ein­stel­lung des ge­sam­ten Prä­senz­leh­re an der Hoch­schu­le. Für Stu­die­ren­de be­deu­tet das: Home-Uni – stu­die­ren am Schreib­tisch. On­line-Soft­wares wie Mood­le er­mög­li­chen es, den Still­stand des ak­tu­el­len Se­mes­ters zu ver­hin­dern. Doch wie ist es ei­gent­lich, als Stu­dent*in in­ner­halb der ei­ge­nen vier Wände zu ler­nen, statt im Hör­saal zu sit­zen? Gibt es Dinge, die dabei zu be­ach­ten sind? Und bringt das alles even­tu­ell sogar Chan­cen mit sich? 

„Welch ein Glück, dass wir im 21. Jahr­hun­dert leben“, dach­te ich mir in den letz­ten Tagen immer wie­der. Nicht aus­zu­ma­len, wenn wir in die­ser Kri­sen­si­tua­ti­on aus­schlie­ß­lich auf ana­lo­ge Me­di­en an­ge­wie­sen wären. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Pro­fes­so­res oder an­de­ren Stu­die­ren­den, die Be­schaf­fung von Lern­mit­teln und In­for­ma­tio­nen rund um die Hoch­schu­le – all das würde durch den Co­ro­na­vi­rus er­schwert oder sogar lahm­ge­legt wer­den. Zu­ge­ge­ben, bis­her war ich von On­line-Stu­di­en­gän­gen nicht wirk­lich über­zeugt. Ich ge­nie­ße es, im Hör­saal zu sit­zen, in die Mensa zu gehen und etwas mit Kom­mi­li­ton*innen zu un­ter­neh­men. Mir ist al­ler­dings auch be­wusst, dass das klas­si­sche Cam­pus­le­ben nicht für jeden zu­ge­schnit­ten ist – die eine möch­te das Stu­di­um zu­sätz­lich zum Job ab­sol­vie­ren, der an­de­re hat ein Kind Zu­hau­se. Die ak­tu­el­le Si­tua­ti­on führt mir aber mehr denn je vor Augen, wel­che Vor­tei­le E-Lear­ning mit sich bringt. Schlie­ß­lich ist für uns alle die Prä­senz­leh­re mo­men­tan keine Op­ti­on. 

Der­zeit stu­die­re ich im sechs­ten Se­mes­ter Öf­fent­lich­keits­ar­beit und Un­ter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on am Fach­be­reich Me­di­en und schrei­be mein Me­di­en­pro­jekt, eine wis­sen­schaft­li­che Ar­beit zu einem selbst­ge­wähl­ten For­schungs­the­ma. Den Pro­jekt­ver­trag konn­te ich noch vor der Co­rona­kri­se ab­schlie­ßen und auch mit all­ge­mei­ner Li­te­ra­tur zum Thema habe ich mich ein­ge­deckt, bevor die Bi­blio­the­ken ihre Türen schlos­sen. Hin und wie­der be­nö­tigt man na­tür­lich wei­te­re Lek­tü­ren, die sich jetzt nicht mehr so ein­fach be­schaf­fen las­sen. Dafür bie­tet das Dis­co­ve­ry Sys­tem der Zen­tral­bi­blio­thek eine An­lauf­stel­le, dort sind ei­ni­ge eBooks und wis­sen­schaft­li­che Ar­ti­kel zu fin­den – auch von Zu­hau­se. Für die­je­ni­gen, die sich die VPN-Ver­bin­dung noch nicht ein­ge­rich­tet haben: Hier geht es zur An­lei­tung. 

Eines habe ich be­reits aus dem Home-Lear­ning mit­neh­men kön­nen: Selbst­dis­zi­plin ist das A und O – denn es gibt keine fes­ten Ter­mi­ne, an die es sich zu hal­ten gilt. Somit ist man selbst für sei­nen ei­ge­nen Zeit­plan ver­ant­wort­lich und kämpft stän­dig gegen den all­seits be­kann­ten „In­ne­ren Schwei­ne­hund“ an. Für alle Pro­kras­ti­na­to­ren, die zur­zeit am hei­mi­schen Schreib­tisch auf der Suche nach Mo­ti­va­ti­on sind, hat Lena Kuhn einen Rat­ge­ber er­stellt. 

Zum ers­ten Mal in mei­nem Stu­di­um nahm ich am Sams­tag an einem On­line-Kurs teil, die­ser dien­te zu­nächst or­ga­ni­sa­to­ri­schen Zwe­cken. Zwar war alles noch ein wenig un­ge­wohnt und chao­tisch, al­ler­dings bin ich mir si­cher, dass Stu­die­ren­de sowie Leh­ren­de dies­be­züg­lich schon bald eine ge­wis­se Rou­ti­ne ent­wi­ckeln wer­den. Be­son­ders für Ver­an­stal­tun­gen, in denen haupt­säch­lich der Ab­lauf eines Mo­duls be­spro­chen wird, stellt die di­gi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­on eine echte Al­ter­na­ti­ve dar. 

Doch Video Calls sind schon längst nicht mehr der letz­te Schrei. VR-Bril­len, Light Boards, Ro­bo­ter – ei­ni­ge Hoch­schu­len set­zen be­reits mo­der­ne Tech­no­lo­gie ein, um Stu­die­ren­den In­hal­te zu ver­mit­teln. So auch die Fach­hoch­schu­le Kiel, etwa im LINK (In­ter­dis­zi­pli­nä­res Labor für Im­mer­si­ons­for­schung), wo en­ga­gier­te Kräf­te der Fach­be­rei­che Me­di­en, In­for­ma­tik und Elek­tro­tech­nik zu­sam­men­ar­bei­ten. E-Lear­ning könn­te also schon bald lang­fris­tig in die Lehre in­te­griert wer­den. Kri­ti­kern der Di­gi­ta­li­sie­rung soll­te an die­ser Stel­le ge­sagt sein: Ziel ist es nicht, die klas­si­sche Prä­senz­leh­re da­durch zu ver­drän­gen. Sie soll le­dig­lich er­gänzt bzw. mit di­gi­ta­len Ele­men­ten kom­bi­niert wer­den. So sind nicht nur ver­schie­de­ne Lern­ma­te­ria­len von über­all zu­gäng­lich, auch Se­mi­na­re und Vor­le­sun­gen vor Ort wer­den in­ter­ak­ti­ver ge­stal­tet, wo­durch Stu­die­ren­de wert­vol­le Di­gi­tal­kom­pe­ten­zen er­lan­gen. 

Am Ende könn­te sich die Co­rona­kri­se als Motor für die Ent­wick­lung des E-Lear­nings ent­pup­pen. Viel­leicht geht aus die­ser Krise somit auch Gutes her­vor, viel­leicht öff­net sie uns die Augen für pro­gres­si­ve und in­no­va­ti­ve An­sät­ze. Was auch immer kom­men mag, wir alle soll­ten ver­su­chen, aus die­ser Zeit zu ler­nen. Wie meine Gro­ßmut­ter immer sagt: „Kein Scha­den so groß, dass kein Nut­zen von ist.“ 

© Fach­hoch­schu­le Kiel