Ein Mann im Offshore-Park© Pri­vat

„Der tech­no­lo­gi­sche Be­reich ist es­sen­ti­ell für die Zu­kunft des Kli­mas“

von Joa­chim Kläschen

Nach­dem er die Re­al­schu­le im nie­der­säch­si­schen Win­sen an der Luhe ab­ge­schlos­sen hatte, ent­schied sich Ric­car­do Wopat im Alter von 17 Jah­ren zu­nächst für eine Be­rufs­aus­bil­dung zum Zer­spa­nungs­me­cha­ni­ker, da er schon früh ein In­ter­es­se für Hand­werk und Tech­nik hatte. Im An­schluss be­such­te er für ein Jahr den Fach­be­reich ‚Tech­nik‘ an einer Fach­ober­schu­le. ‚Fer­tig‘ fühl­te sich Ric­car­do dann al­ler­dings nicht, wie er sich er­in­nert: „Der Be­such einer Tech­ni­ker-Schu­le und dann ein Meis­ter­ti­tel waren die na­he­lie­gen­den nächs­ten Schrit­te nach mei­nem Ab­schluss. Aber ich woll­te mich noch weit mehr über mei­nen er­lern­ten Beruf wei­ter­ent­wi­ckeln und mei­nen per­sön­li­chen Ho­ri­zont er­wei­tern. Zudem woll­te ich mir durch eine auf­bau­en­de Aus­bil­dung bes­se­re Per­spek­ti­ven für mein spä­te­res Be­rufs­le­ben er­öff­nen.“

Ric­car­do mach­te sich im In­ter­net auf die Suche nach einem Aus­bil­dungs-An­ge­bot, dass sei­nen An­sprü­chen ent­sprach. In jedem Fall woll­te er seine Zelte in Nie­der­sach­sen ab­bre­chen und „im Nor­den“ stu­die­ren. Auch dass es bei sei­nem Stu­di­um um das Thema Er­neu­er­ba­re En­er­gi­en gehen soll­te, stand für Ric­car­do fest. So fiel seine Wahl schlie­ß­lich auf die Fach­hoch­schu­le Kiel, wo er sich im Fach­be­reich Ma­schi­nen­we­sen für den Stu­di­en­gang Off­shore An­la­gen­tech­nik (OAT) [ab 2022 Er­neu­er­ba­re Off­shore En­er­gi­en (EOE)] ein­schrieb. Ein Thema, dem Ric­car­do bis heute treu ge­blie­ben ist, denn er ar­bei­tet seit 2017 als In­spek­teur im Be­reich der Fer­ti­gung, sowie des Er­rich­tungs­pro­zes­ses von Wind­kraft­an­la­gen auf See. Mitt­ler­wei­le ist er in der Wind­kraft-Bran­che als tech­ni­scher Be­triebs­füh­rer für den Be­trieb von di­ver­sen Wind­parks in ganz Deutsch­land ver­ant­wort­lich.

Bei Er­zäh­lun­gen von sei­nem Stu­di­um an der FH Kiel be­tont Ric­car­do das schwie­ri­ge Wech­sel­spiel von Theo­rie und Pra­xis. „Das an­spruchs­vol­le Stu­di­um hat mir eine gute Wis­sens­ba­sis ver­mit­telt, hatte aber auch viele Theo­rie-An­tei­le. Mei­ner Mei­nung nach, ist eine tech­ni­sche Be­rufs­aus­bil­dung daher eine sehr gute Vor­aus­set­zung für ein OAT-Stu­di­um (EOE-Stu­di­um). Wenn das Stu­di­um auch pra­xis­ori­en­tiert war, hätte ich mir rück­bli­ckend den­noch ge­wünscht, dass in mei­nem Fach­be­reich der Bezug noch viel stär­ker an die Di­men­sio­nen der Rea­li­tät an­ge­lehnt ist.“ Das macht Ric­car­do an einem Bei­spiel an­schau­lich klar: „Wind­kraft­an­la­gen heu­ti­ger Di­men­sio­nen sind im Hör­saal oder im Übungs­raum kaum vor­stell­bar. Schlie­ß­lich vor Ort zu sehen, wie hun­der­te Ton­nen von Stahl oder Ver­bund­werk­stoff an einem Kran hän­gen, ist ein be­ein­dru­cken­des Er­leb­nis!“

Ric­car­do kam zu Gute, dass sein Stu­di­en­gang eine über­schau­ba­re Größe hatte. „In Vor­le­sun­gen und Übun­gen, konn­ten wir in­di­vi­du­el­le Nach­fra­gen stel­len und Un­klar­hei­ten so schnell und ein­fach aus­ge­räumt wer­den. Ich fühl­te mich daher sehr un­ter­stützt, wenn ich Schwie­rig­kei­ten hatte, In­hal­ten zu fol­gen. Es kam fast ein ge­wis­ser Pri­vat­schul-Cha­rak­ter auf, der für eine be­son­de­re Be­zie­hung zu vie­len Do­zen­ten und Pro­fes­so­ren sorg­te“, er­in­nert sich Ric­car­do an seine Stu­di­en­zeit zu­rück.

Be­son­ders gut sind dem In­ge­nieur die Ex­kur­sio­nen wäh­rend sei­nes Stu­di­ums im Ge­dächt­nis ge­blie­ben, die schlie­ß­lich auch ma­ß­geb­lich für den an­ge­spro­che­nen Pra­xis­be­zug sorg­ten: „Vor allem an die jähr­li­chen Rei­sen nach Hel­go­land denke ich gerne zu­rück, denn hier waren wir un­se­rem Thema Wind­ener­gie auf See sehr nahe“, er­zählt Ric­car­do. Aber auch die Nähe des Cam­pus‘ zum Was­ser und der mor­gend­li­che Weg mit der Fähre zur Fach­hoch­schu­le, über die Kie­ler Förde und die Schwen­ti­ne, haben ihn jeden Tag aufs Neue be­ein­druckt.

Daher war seine Wahl von Kiel als Hei­mat­ha­fen in der Rück­schau die rich­ti­ge, schwärmt Ric­car­do: „Kiel ist eine wun­der­ba­re Stadt, die ich wäh­rend mei­nes Stu­di­ums lie­ben ge­lernt habe. Die Lage am Meer, tolle Parks und Aben­de mit Freun­den an einem der Boots­an­le­ger; kurze Wege – ob zu Fuß oder mit dem Rad. Man hat in Kiel alles was man braucht, die Stadt ist nicht über­frach­tet und die Men­schen sind freund­lich. Das alles hat dazu bei­ge­tra­gen, dass ich nach drei Jah­ren in Ham­burg wie­der nach Kiel zu­rück­ge­zo­gen bin und mei­nen Ar­beits­platz, wel­cher sich über­wie­gend auf der Nord­see be­fand, gegen einen Schreib­tisch mit Blick auf die Kie­ler Förde ein­ge­tauscht habe.“

Wich­tig ist für Ric­car­do, einen wei­ten Blick zu haben: „Ich halte es für sehr sinn­voll, dass man bei einem OAT-Stu­di­um Pra­xis­wis­sen mit­bringt und die­ses im spä­te­ren Be­rufs­le­ben mit der Theo­rie aus dem Stu­di­um ver­knüpft. Bei­spiels­wei­se habe ich mich wäh­rend mei­nes Stu­di­ums an­fangs häu­fig ge­fragt, was ich spä­ter mit ei­ni­gen In­hal­ten an­fan­gen solle. Aber mit der Zeit hat sich ge­zeigt, dass man doch sehr viele The­men aus dem Stu­di­um im Be­rufs­le­ben wie­der­fin­det. Zudem be­scher­te das Be­rufs­le­ben auch ei­ni­ge Aha-Ef­fek­te, die mir Fra­gen be­ant­wor­tet haben, die im Stu­di­um of­fen­ge­blie­ben sind.“

Seit sei­nem Stu­di­um zieht sich das Thema „Green Tech­no­lo­gies“ als roter Faden durch das Leben von Ric­car­do: „Wäh­rend des Stu­di­ums und da­nach habe ich mich mit Off­shore-Wind­parks vor den Küs­ten be­schäf­tigt. Mitt­ler­wei­le leite ich Wind­parks an Land. Das Un­ter­neh­men, für das ich ge­gen­wär­tig tätig bin, will auch im Be­reich Pho­to­vol­ta­ik Fuß fas­sen. Dar­über hin­aus, wird in un­se­rem Toch­ter­un­ter­neh­men ein nach­hal­ti­ger Brenn­stoff aus Grün­schnitt ent­wi­ckelt. Es ist span­nend, dass ich als In­ge­nieur in­ter­es­san­te und wich­ti­ge The­men in einer sol­chen Brei­te ken­nen­ler­nen und be­ar­bei­ten kann.“

Für Ric­car­do macht einen In­ge­nieur oder In­ge­nieu­rin aus, dass er oder sie kon­se­quent, ra­tio­nal und vorr­aus­schau­end denkt. Wer diese Ei­gen­schaft mit­bringt, und etwas dar­aus ma­chen möch­te, dem emp­fiehlt Ric­car­do, einen In­ge­nieurs­stu­di­en­gang ins Auge zu fas­sen. Die Be­tä­ti­gungs­fel­der sind so viel­fäl­tig wie die Mög­lich­kei­ten, mit der ei­ge­nen Ar­beit einen kon­struk­ti­ven Bei­trag zu leis­ten: „Ich denke, dass ge­ra­de der tech­no­lo­gi­sche Be­reich es­sen­zi­ell für die Zu­kunft des Kli­mas ist. Den­noch ist dies nur ein Teil­be­reich. Ent­schei­dend ist aber, dass in die­sem Teil­be­reich Men­schen tätig sind, die ihre Stär­ken aus­le­ben und ihren Teil dazu bei­tra­gen, etwas zu ver­än­dern.“

© Fach­hoch­schu­le Kiel