Studierende beim Segel packen© J. Mül­ler
Stu­die­ren­de beim Segel pa­cken.

Stu­die­ren unter Se­geln: Im Mai geht es wie­der los

von Leon Gehde

Im Au­gust waren 27 Stu­die­ren­de und drei Leh­ren­de ver­schie­de­ner Be­rei­che, eine Woche mit dem Se­gel­schiff „Thor He­yer­dahl“ und sei­ner Crew auf der Ost­see un­ter­wegs. Die Cam­pus­re­dak­ti­on hat be­reits zum Auf­takt und nach dem ers­ten Törn be­rich­tet. Das in­ter­dis­zi­pli­nä­re Pro­jekt ist bun­des­weit das erste sei­ner Art. Es wurde zum Thema „nach­hal­ti­ge Mo­bi­li­tät“ ge­lehrt und ge­ar­bei­tet, auf Mas­ten ge­klet­tert und Wache ge­hal­ten – auch nachts. Ein Er­leb­nis, dass die Stu­die­ren­den tief ge­prägt hat. Noch heute sind sie eine le­ben­di­ge Ge­mein­schaft. Das hat Wie­der­ho­lungs­be­darf: Für 2022 sind gleich zwei Fahr­ten ge­plant – eine in der zwei­ten Mai- die an­de­re in der ers­ten Sep­tem­ber­wo­che. Die Be­wer­bungs­pha­se läuft be­reits.

Hanna Sten­der (25) Ma­schi­nen­bau-Stu­den­tin im fünf­ten Se­mes­ter, war dabei, als im Au­gust 2021 in Ros­tock-War­ne­mün­de die Segel der Thor He­yer­dahl mit Kurs auf Kiel ge­setzt wur­den und ist von der Er­fah­rung be­geis­tert. „Wir haben uns im Vor­feld zum Ober­the­ma ‚nach­hal­ti­ge Mo­bi­li­tät‘ in Grup­pen auf­ge­teilt und je­weils ein Thema vor­be­rei­tet. An Bord wur­den wir dann nach dem Puz­zle-Prin­zip durch­mischt und haben uns aus­ge­tauscht. Am Ende sind wir wie­der in die alten Grup­pen ge­gan­gen und konn­ten unser Thema mit neuen Er­kennt­nis­sen be­han­deln“, so Sten­der, deren Grup­pe sich mit dem Thema Sharing-Mo­del­le be­fasst hat. An­de­re The­men waren bei­spiels­wei­se al­ter­na­ti­ve An­trie­be zu Was­ser, al­ter­na­ti­ve An­trie­be zu Land oder Mul­ti­moda­les Fah­ren. „Da­durch, dass wir Stu­die­ren­de aller Fach­be­rei­che waren, war der Aus­tausch be­son­ders in­ter­es­sant. Da ist man mal aus sei­ner In­ge­nieurs­den­ke her­aus­ge­kom­men“, so Sten­der amü­siert. „Wir hat­ten zwei pol­ni­sche Stu­die­ren­de dabei. Die Prä­sen­ta­tio­nen un­se­rer Er­geb­nis­se haben wir daher auch noch in Eng­lisch ge­hal­ten“, er­gänzt sie.

„Die Idee ist, dass wir uns Zu­kunfts­the­men aus ganz un­ter­schied­li­chen Blick­win­keln nä­hern wol­len. Da kön­nen wir an der Fach­hoch­schu­le, wo alle Be­rei­che nah an­ein­an­der sind, wun­der­bar dis­zi­pli­när ar­bei­ten. Das ist un­se­re große Stär­ke“, be­tont Prof. Dr. Olaf Neu­mann, der als einer der Leh­ren­den an der nächs­ten Fahrt teil­neh­men wird. Des­halb wur­den die Grup­pen mög­lichst nach Be­rei­chen, Ge­schlecht und Fach­se­mes­ter bunt durch­ein­an­der­ge­wür­felt auf­ge­stellt. „Das ganze stärkt kom­mu­ni­ka­ti­ve Kom­pe­ten­zen, man muss offen mit­ein­an­der dis­ku­tie­ren kön­nen, um schnell in eine ge­stal­ten­de Phase rein­zu­kom­men“, so Neu­mann.

Doch die Lehr­ver­an­stal­tun­gen mach­ten nur einen Teil des sechs­tä­gi­gen Törns aus. „Dafür war grad mal ein bis zwei Stun­den am Tag Zeit. Und da muss­te man auf­pas­sen, nicht ein­zu­schla­fen“, sagt die Stu­die­ren­de und lacht. Schlie­ß­lich muss­te jeder beim Se­gel­be­trieb mit an­pa­cken. Zum Dienst wurde in Wach­schich­ten ein­ge­teilt. Wache 1: 0 bis 4 Uhr und 12 bis 16 Uhr, Wache 2: 4 bis 8 Uhr und 16 bis 20 Uhr und Wache 3: 8 bis 12 Uhr und 20 bis 0 Uhr. „Der Boots­all­tag war schon ziem­lich her­aus­for­dernd“, so Sten­der. „Wir hat­ten zum Bei­spiel Nacht­wa­che am Anker, da hieß es von der Crew ein­fach ‚weckt uns, wenn der Anker schleift‘. Das war schon etwas un­heim­lich am An­fang.“

Wer keine Hö­hen­angst hatte, durf­te auch hoch­hin­aus: „Auf den Mast zu klet­tern und die Segel ein­zu­pa­cken, wurde uns als ers­tes bei­ge­bracht, das brauch­te man auch immer wie­der. Und es war immer schön da oben.“ Be­son­ders schön war es bei der Ein­fahrt in die Kie­ler Förde. „Das war schon ein ein­ma­li­ger Blick von da oben. Auf ein­mal war die Color Line ganz klein“, schwärmt Sten­der be­geis­tert und lacht ver­gnügt.

„Man war in einer ganz an­de­ren Welt. Und man hat durch den Se­gel­all­tag un­heim­lich schnell un­heim­lich viel ge­lernt. Trotz des we­ni­gen Schla­fes wegen der Nacht­wa­chen. Es lohnt sich wirk­lich“, re­sü­miert Sten­der. Neu­mann fügt hinzu: „Die Ar­beits­at­mo­sphä­re Se­gel­boot schafft einen Rah­men, Team­ar­beit zu er­le­ben. Man merkt auf ein­mal, ohne mich geht’s nicht. In der Ar­beits­welt bleibt das meist eher abs­trakt.“ Dass das mit der Team­ar­beit funk­tio­niert hat, kann Sten­der nur be­stä­ti­gen: „Wir sind wirk­lich eine ziem­lich ein­ge­schwo­re­ne Trup­pe ge­wor­den und tref­fen uns alle zwei Wo­chen zum Stamm­tisch. Nächs­tes mal sind wir bei Agrar­stu­die­ren­den auf deren Hof ein­ge­la­den. Ei­ni­ge ge­hö­ren sogar auf Ein­la­dung des Ka­pi­täns der Thor He­yer­dahl mitt­ler­wei­le zur Crew und las­sen sich dort aus­bil­den.“

Auch für die nächs­ten Fahr­ten, wird es für die Teil­neh­men­den wie­der eine sechs­wö­chi­ge Vor­be­rei­tungs­pha­se an Land geben. Das Thema der Fahr­ten wird „Kli­ma­wan­del und ma­ri­ti­me Sys­te­me“ sein. Be­wer­ben kann man sich im Mood­le-Kurs „Stu­die­ren unter Se­geln an der FH Kiel“. Der Ein­schrei­be­schlüs­sel lau­tet: SuS. Die Be­wer­bungs­frist für die Fahrt im Mai ist der 6. De­zem­ber 2021, für die im Sep­tem­ber der 22. Ja­nu­ar 2022. Neu­mann: „Wir freu­en uns auf reich­lich In­ter­es­sen­ten“.

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